Klagen gegen VW wegen Abgasskandal-Autos und die Kosten

Aufgrund des sogenannten „Abgasskandals“ haben zahlreiche Käufer von VW-Fahrzeugen derzeit die Absicht, Ansprüche aufgrund der unter Emissionsgesichtspunkten mangelhaften Fahrzeuge geltend zu machen.

Ausgangspunkt

Und die Aussichten hierfür stehen gut: es liegen bereits zahlreiche Entscheidungen vor, die bestätigen, dass Werte beim Abgasausstoß einen sogenannten Sachmangel darstellen und daher die Gewährleistungsansprüche der Käufer (Minderung, Wandelung, Schadensersatz) auslösen können.

Kostenrisiko

Was viele Betroffene zögern lässt, ist das Kostenrisiko. Es besteht derzeit eine offene bzw. heftig umstrittene Rechtslage im Hinblick darauf, ob die Rechtsschutzversicherungen eintreten müssen und ob Prozesskostenhilfe gewährt werden muss. Nachdem zu Beginn der VW-Affäre die Rechtsschutzversicherer überwiegend die Deckung mangels Erfolgsaussicht oder „Mutwilligkeit“ abgelehnt hatten, werden diese Rechtsschutzversicherer derzeit eines Besseren belehrt. Denn es existieren nun erste Urteile, die eine Einstandspflicht der Rechtsschutzversicherer ausgeurteilt haben. Der Ablauf ist dann jeweils so, dass nach Ablehnung des Deckungsfalls für die Rechtsschutzversicherer der Kunde/Versicherungsnehmer im Vorfeld auf Deckung lag. Dies selbstverständlich, um sein Kostenrisiko im Hauptsacheprozess (also gegen VW bzw. den Vertragspartner) abschätzen zu können.

Randnotiz: Rechtsschutzversicherer „in Not“

Interessant in diesem Zusammenhang: bei den Rechtsschutzversicherer hat die VW-Affäre dafür gesorgt, dass Rückstellungen gebildet werden mussten und die Versicherungsnehmer mit höheren Beiträgen rechnen müssen (vgl. den Aufsatz von Lier, VW 9/2016,52) es verwundert also nicht, dass die Versicherer, wie in dieser Branche leider üblich, die Ansprüche ihrer Versicherungsnehmer auf breiter Front zurückweisen, um Kosten zu sparen bzw. einen „Dammbruch“ zu verhindern.

Rechtsschutzversicherer werden in die Schranken verwiesen!

Zurück zum Thema. Jüngst hat das Landgericht Essen einem Versicherer eine Absage erteilt, nachdem sein Versicherungsnehmer um Deckung für eine Klage wegen eines mangelhaften VW Fahrzeugs nachgesucht hatte. Die Deckungsanfrage war wegen angeblicher Notwendigkeit versagt worden. Das Landgericht Essen (Aktenzeichen: 18 O 68/16; Urteil vom 18.5.2016) gab der Klage des Versicherungsnehmers in vollem Umfang statt. Insbesondere sei die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig. Kein Licht im Sinne der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung nur dann vor, wenn der durch die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen voraussichtlich entstehende Kostenaufwand unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Versicherungsgemeinschaft in einem groben Missverhältnis zum angestrebten Erfolg steht. Dies sei vorliegend jedoch gerade nicht der Fall, so das Landgericht.

Der angestrebte Erfolg ist die beabsichtigte Rückabwicklung des Kaufvertrags über den vom Abgasskandal betroffenen PKW der Marke VW. Das Gericht in Essen führte hierzu aus, dass als Bemessungswert gerade nicht die Kosten einer Nachbesserung oder nach Erfüllung heranzuziehen sind. Mit anderen Worten: es gibt für den Versicherungsnehmer/Kläger sehr viel zu gewinnen, nicht etwa – wie vom Versicherer behauptet – nur relativ wenig.

 

Prozesskostenhilfe ebenfalls möglich

In einem weiteren interessanten Verfahren hat das OLG Hamm (Beschluss vom 21.6.16; Aktenzeichen I – 28 W 14/16) im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens der Beschwerde einer Betroffenen Kundin gegen eine ablehnende Entscheidung des Landgerichts mit dem Argument stattgegeben, das von einem Mangel auszugehen sei, wenn ein Fahrzeug der Marke VW offensichtlich unter den Abgasskandal fällt. Es sei die von der Betroffenen gewählte Art der Nacherfüllung in Form der Nachlieferung noch nicht abschließend zu beurteilen. Demzufolge müsse hier Prozesskostenhilfe gewährt werden. Zudem könne es aufgrund des höheren CO2-Ausstoßes zu Steuernachforderungen kommen. Denn von dem Abgasausstoß hängt bei PKW mit Erstzulassung ab dem 1.7.2009 auch die Höhe der Kfzsteuer ab. VW hat jedoch zugesichert, etwaige Nachzahlungen bei der Kfzsteuer zu übernehmen.

 

Zusammenfassung

Bislang ist die Rechtsprechung zur Eintrittspflicht von Rechtsschutzversicherern und Prozesskostenhilfe im Hinblick auf den VW Abgasskandal sehr uneinheitlich. Das Landgericht München und das Landgericht Lüneburg hatte sich ebenfalls in 2 Urteilen zugunsten der Verbraucher ausgesprochen. Es existieren aber auch andere Urteile, in denen zugunsten der Vertragspartner (Händler) entschieden wurde, die die vom Abgasskandal betroffenen VW-PKW verkauft hatten. Allerdings sind die meisten der erstinstanzlich gesprochenen Urteile bisher noch nicht rechtskräftig.

 

Nochmals zum Kernproblem: man ist sich inzwischen einig, dass die verbaute Software in den vom Abgasskandal betroffenen PKW einen Mangel darstellt. Umstritten ist derzeit noch, ob dieser Mangel erheblich ist und den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag ermächtigt. Auch die Frage, ob und in welcher Höhe Minderung des Kaufpreises verlangt werden kann, ist derzeit noch nicht einheitlich beantwortet worden. Gerade deswegen trifft die klagewilligen Käufer der vom Abgasskandal betroffenen VW-Fahrzeuge ein hohes Prozessrisiko und damit ein Kostenrisiko. Andererseits ist im Hinblick auf drohende Verjährung ein Gerichtsprozess schnell anzustreben, um die Frist zu unterbrechen.

 

Betroffenen kann daher nur geraten werden, sich schnell und umfassend für ihren speziellen Fall juristisch beraten zu lassen.