Strafverfahren: Zwang zur Handyentsperrung mit Fingerabdruck

Nun hat es der BGH entschieden: Der Zwang zur Handyentsperrung mit Fingerabdruck ist zulässig.

Mit Beschluss vom 13. März 2025 (Az. 2 StR 232/24) hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Grundsatzentscheidung getroffen, die weitreichende Bedeutung für das Strafverfahrensrecht und den Schutz digitaler Privatsphäre hat: Ermittlungsbehörden dürfen unter engen Voraussetzungen den Finger eines Beschuldigten gegen dessen Willen auf den Sensor eines Smartphones legen, um es zu entsperren.

Was war passiert?

Im zugrundeliegenden Fall wurde ein Mann beschuldigt, trotz eines Berufsverbots erneut als privater Kinderbetreuer tätig gewesen zu sein und dabei kinderpornographisches Material hergestellt zu haben. Die Ermittlungsbehörden führten eine richterlich angeordnete Durchsuchung durch und fanden dabei zwei gesperrte Mobiltelefone. Der Beschuldigte weigerte sich, diese freiwillig zu entsperren. Daraufhin legte die Polizei seinen Finger zwangsweise auf den Sensor – mit Erfolg.

BGH bestätigt Rechtmäßigkeit der Maßnahme

Der BGH stellte klar, dass eine solche Maßnahme durch § 81b Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 94 ff. StPO gedeckt ist – vorausgesetzt, sie erfolgt im Rahmen einer richterlich angeordneten Durchsuchung und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Dabei betonte das Gericht, dass das bloße Auflegen des Fingers keine aktive Selbstbelastung darstellt: Es handelt sich nicht um eine Aussage oder ein Geständnis, sondern lediglich um eine passive körperliche Mitwirkung – vergleichbar mit der klassischen Erkennungsdienstmaßnahme.

Datenschutz und Verhältnismäßigkeit bleiben zentrale Kriterien

Auch datenschutzrechtliche Bedenken ließ der BGH nicht gelten. Zwar sei der Zugriff auf persönliche Daten ein schwerwiegender Eingriff, jedoch könne dieser gerechtfertigt sein, wenn ein konkreter Tatverdacht bestehe und die Maßnahme verhältnismäßig sei. Maßgeblich ist, dass eine gesetzliche Grundlage besteht und das Vorgehen einem legitimen Ermittlungsziel dient.

Was bedeutet das für die Praxis?

Mit dem Urteil schafft der BGH erstmals eine klare Linie im Umgang mit biometrischen Entsperrfunktionen – ein Thema, das bislang in einer rechtlichen Grauzone lag. Künftig dürfen Ermittler unter bestimmten Voraussetzungen Smartphones auch gegen den Willen des Beschuldigten entsperren, wenn sie dessen Fingerabdruck verwenden.

Wichtig ist: Diese Befugnis darf nicht als Freibrief verstanden werden. Jeder Zugriff muss rechtlich genau begründet, richterlich angeordnet und auf das erforderliche Maß beschränkt sein. Die Entscheidung macht zugleich deutlich, dass das Strafprozessrecht offen für technische Entwicklungen ist – sofern rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt bleiben.

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