Das Amtsgericht Dortmund hat ein interessantes Urteil gefällt. Ein Fahrverbot kann bei beruflicher Härte entfallen. Und eine Zeugenvernehmung ist auch per WhatsApp zulässig
Das Amtsgericht Dortmund hat mit Urteil vom 27. März 2025 (Az. 729 OWi-268 Js 298/25-30/25) zwei wichtige Aspekte im Ordnungswidrigkeitenrecht klargestellt: die digitale Zeugenvernehmung und die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen auf ein Fahrverbot zu verzichten.
Digitale Zeugenvernehmung über WhatsApp
Nach § 247a StPO in Verbindung mit § 71 OWiG kann eine Zeugenvernehmung auch audiovisuell durchgeführt werden. Das Amtsgericht bestätigte nun ausdrücklich, dass dies sogar per WhatsApp auf dem Handy des Betroffenen erfolgen kann, sofern die beteiligten Personen freiwillig an der Vernehmung teilnehmen.
Auch wenn dabei datenschutzrechtliche Bedenken bestehen, spricht nichts gegen die Durchführung, solange die Teilnahme auf freiwilliger Basis erfolgt. Damit erkennt das Gericht die zunehmende Bedeutung digitaler Kommunikationsmittel in Bußgeldverfahren an und öffnet den Weg für flexible, moderne Verfahrensabläufe, die insbesondere in Zeiten hoher Mobilität oder bei räumlicher Distanz sinnvoll sind.
Absehen vom Fahrverbot bei beruflicher und wirtschaftlicher Härte
Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen nicht vorbelasteten Fahrer, der einen qualifizierten Rotlichtverstoß begangen hatte. Er legte Einspruch ein, beschränkte diesen jedoch auf die Rechtsfolgen. Das Gericht prüfte, ob unter den gegebenen Umständen ein Fahrverbot verhängt werden muss oder ob auf dieses abgesehen werden kann.
Dabei spielte insbesondere die berufliche Situation des Betroffenen eine Rolle:
• Eine unbezahlte Freistellung im Hauptberuf hätte zu erheblichen beruflichen Problemen geführt.
• Auch das Nebengewerbe des Betroffenen hätte durch ein Fahrverbot ernsthafte wirtschaftliche Einbußen erlitten.
Das Gericht entschied, dass in solchen außergewöhnlichen Härtefällen von einem Fahrverbot abgesehen werden kann. Um die Rechtsfolgen angemessen auszugleichen, wurde die Regelgeldbuße jedoch entsprechend erhöht.
Dieses Urteil zeigt, dass Bußgeldverfahren zunehmend flexibel gestaltet werden können:
• Digitale Zeugenvernehmungen sind möglich und rechtlich zulässig, wenn die Beteiligten freiwillig zustimmen.
• Fahrverbote sind nicht automatisch vorgeschrieben, selbst bei qualifizierten Verkehrsverstößen. Bei erstmaligen oder nicht vorbelasteten Tätern können wirtschaftliche und berufliche Härten berücksichtigt werden.
• Eine angemessene Erhöhung der Geldbuße dient als Ausgleich, wenn auf das Fahrverbot verzichtet wird.
Für Betroffene bedeutet dies: Wer aus beruflichen Gründen auf das Auto angewiesen ist, kann unter Umständen die schwerwiegende Folge eines Fahrverbots vermeiden, muss aber mit einer höheren Geldbuße rechnen.