Darf die Polizei überall blitzen und messen?

Die Geschwindigkeitskontrollen in Deutschland und die hierauf fußenden und versandten Bußgeldbescheide haben in den letzten Jahren beträchtlich zugenommen. Dies geschieht natürlich nur im Dienste der Verkehrssicherheit – und nicht etwa, weil das Landessäckel leer ist. Da stellt sich dem betroffenen Bürger die Frage, ob denn überall, jederzeit und in beliebiger Art und Weise mit dem Geschwindigkeitsmessgerät („Blitzer“) gelauert werden darf. Die Antwort lautet NEIN! Bei Geschwindigkeitsmessungen durch die Ordnungsämter der Kommunen müssen diese sich an Richtlinien halten, die Messungen nur an sogenannten Unfallschwerpunkten zulassen. Aber auch Polizisten haben sich bei Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen an Vorgaben zu halten. Und dies geschieht beileibe nicht immer, weshalb die jeweiligen Bußgeldbescheide dann auch angreifbar sind. Von Zeit zu Zeit tauchen besonders drastische Fälle auf, die einen schon schmunzeln lassen. Beispiel gefällig? Es hat die Autobahnstation Kaiseresch bei ihren Messungen tatsächlich eine handelsübliche Videokamera aus dem Elektromarkt verwendet, die nicht geeicht war. Kaum zu glauben, dass die Polizisten nicht wussten, dass Messgeräte zur amtlichen Überwachung des Straßenverkehrs geeicht sein und nach den in der Bauartzulassung festgelegten Vorgaben gehandhabt werden müssen. Wer ein anderes Messgerät benutzt, handelt nach § 74 Nr. 11 EichO (Eichordnung) sogar ordnungswidrig. Nicht der Autofahrer, sondern der Polizist hätte somit einen Bußgeldbescheid bekommen müssen!

In dem genannten Fall hat die besagte Polizeiautobahnstation bei Abstand- und Geschwindigkeitsmessungen aus einem Fahrzeug heraus mit einer handelsüblichen Home-Videokamera gefilmt, wie sie ansonsten auf der Geburtstagsfeier der Schwiegertochter zum Einsatz kommt. Die Kamera war nicht im Polizeifahrzeug fixiert, sondern wurde in der Hand gehalten. Dies allein kann zu Messfehlern führen. Von der fehlenden Eichung einmal ganz abgesehen. „Dieser Fall ist ein Beispiel dafür, dass oft fehlerhaft Verkehrsverstöße festgestellt werden,“ so kürzlich Rechtsanwalt Hans-Jürgen Gebhardt, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht in einem Interview. Dies mit zum Teil fatalen Folgen für die Betroffenen. So geht es oft in einem Grenzbereich darum, ob ein Fahrverbot (!) verordnet wird oder nicht. „Die Messungen in diesen Fällen sind so fehlerhaft, dass man fast keine Aussagen über die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit oder den Abstand machen kann,“ so Gebhardt weiter. Besonders ärgerlich sei, dass die Polizisten sogar erklärten, eine Eichung solcher Geräte sei bei dem Hinterherfahren nicht erforderlich. „Ich möchte nicht wissen, wie viele zu Unrecht oder zu hart belangt wurden,“ so Gebhardt. Wer das Gefühl hat, dass er nicht die vorgeworfene Geschwindigkeit gefahren ist, sollte sich anwaltlicher Hilfe versichern.

Die Kosten für die anwaltliche Vertretung in Strafverfahren, aber auch in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren werden von der Verkehrsrechtsschutzversicherung übernommen. Sie können sich also an den Anwalt Ihres Vertrauens wenden.