Aktuelles aus dem Verkehrsrecht

Auf kaum einem Gebiet ergehen ständig neue, zum Teil sehr alltagsrelevante Urteile, deshalb bieten wir Ihnen stets Aktuelles aus dem Verkehrsrecht. Heute haben wir für Sie drei interessante Gerichtsentscheidungen heraus gesucht.

Fahrverbot – Autotest mit Folgen
Mit mehr als 50 km/h zuviel soll ein PKW-Fahrer laut Tatvorwurf unterwegs gewesen sein, als er in eine Radarkontrolle geriet. Vor Gericht wies sich der Raser als Testfahrer einer Motorsportfachzeitschrift aus, konnte damit den Amtsrichter jedoch nicht beeindrucken: 160 EUR und ein Monat Fahrverbot war die Quittung für die all zu flotte „Testfahrt“. Dagegen wehrte sich der Betroffene beim Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken mit der Beschwerde, ohne Führerschein drohe ihm die Entlassung. Ein solcher Verlust der beruflichen Existenz erschien auch dem OLG eine übergroße Härte für den Verkehrsverstoß. Sie hoben das Urteil daher auf und wiesen das Amtsgericht an, den Sachverhalt zur Frage des Jobverlusts zusätzlich aufzuklären.

Hinweis: Nicht jeder Autofahrer, auf den ein Fahrverbot zukommt, kann eine Tätigkeit als Testfahrer aufweisen. Dennoch kann auch bei ihm im Einzellfall von der Anordnung eines Fahrverbots abgesehen werden. Das ist z.B. der Fall, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes oder der sonstigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage droht. Es müssten allerdings genügend Umstände mitgeteilt werden, die ein Absehen vom Fahrverbot wegen Verlusts der Existenz rechtfertigen würden. Ein „Selbstläufer“ ist dies also beileibe nicht. (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28.4.2006, 1 Ss 51/06)

Auffahrunfall – hälftiger Schadenersatz bei Bremsen ohne zwingenden Grund
„Wenn’s hinten kracht gibt’s vorne Geld…“ Diese alte Autofahrerweisheit trifft nicht immer zu, entschied nun das Kammergericht (KG) in Berlin. Ein Autofahrer war auf den vorausfahrenden Pkw aufgefahren, da dieser ca. 100 Meter vor einer roten Ampel plötzlich stark gebremst hatte. Zu der Vollbremsung war es gekommen, weil der Fahrer mit dem Automatik-Fahrzeug nicht vertraut war. In der Vorstellung, die Kupplung zu bedienen, hatte er das Bremspedal voll durchgetreten. Der Klassiker unter den Anfängerfehlern.

Unter diesen Umständen, so das Gericht (Urteil vom 13.2.2006, 12 U 70/05) könne er nicht damit rechnen, seinen Schaden vom Auffahrenden voll ersetzt zu bekommen. Komme starkes Bremsen ohne zwingenden Grund mit Unaufmerksamkeit und/oder unzureichendem Sicherheitsabstand zusammen, treffe den Bremsenden eine Mitschuld an dem Unfall. Im vorliegenden Fall hielten es die Richter für angemessen, den Schaden im Verhältnis 50:50 zu teilen.

Handyverbot – Benutzung des Mobiltelefon als Diktiergerät
Handies oder iPhones können heutzutage immer mehr. Aber Vorsicht: Die „Benutzung eines Mobiltelefons“ i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO liegt nicht nur vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei anderer Verwendung, gegebenenfalls auch beim Gebrauch als Diktiergerät. Mit dieser Entscheidung verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Jena einen Autofahrer zu einem Bußgeld, der während der Fahrt ein Mobiltelefon in der rechten Hand gehalten und Informationen auf das Gerät gesprochen hatte. Es verfügte über eine Diktierfunktion. Die SIM-Karte war dem Telefon zu diesem Zeitpunkt entnommen worden (!), so dass es nicht zum Telefonieren benutzt werden konnte. Das OLG hat darin die „Benutzung eines Mobiltelefons“ i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO gesehen. Der Begriff der „Benutzung“ schließe nach allgemeinem Sprachgebrauch die Inanspruchnahme sämtlicher Bedienfunktionen der nach üblichem Verständnis als Mobiltelefon bezeichneten Geräte ein. Dafür, dass das Mobiltelefon als Telefon genutzt werden müsse, sei dem Gesetzeswortlaut nichts zu entnehmen. Es erscheint mir persönlich fraglich, ob diese Auslegung des § 23 Abs. 1a StVO nicht zu weit geht. Sie führt nämlich zu einer Ungleichbehandlung mit demjenigen Betroffenen, der während des Fahrvorgangs ein „normales“ Diktiergerät benutzt! Wir werden die Entwicklung weiter gespannt verfolgen.