Anwaltsgebühren in Verkehrssachen

Verkehrssachen spielen eine große Rolle in der anwaltlichen Praxis. Eine Vielzahl der Rechtsangelegenheiten bewegen sich auf dem Bereich des Verkehrsrechts. In den meisten Fällen empfiehlt es sich, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht einzuschalten, um das bestmögliche Verfahrensziel zu erreichen. Nach Abschluss der Sache kommt es sodann häufig zu Diskussionen darüber, welche Anwaltsgebühren angemessen sind. § 14 RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) sieht vor, dass unter anderem die Bedeutung der Sache für den Mandanten maßgeblich ist, aber auch der Umfang der Bearbeitung.

Insbesondere Rechtsschutzversicherer versuchen sodann immer wieder, die Gebührenhöhe zu reduzieren. Dies vor dem Hintergrund, dass wegen der Vielzahl der Verkehrsangelegenheiten pro Jahr die Frage der geschuldeten Gebührenhöhe eine enorme wirtschaftliche Bedeutung hat.

Das Landgericht Stralsund hatte sich am 25.9.2015 (A.Z.: 26 Qs 186/15) mit der Frage zu befassen, ob die Bestimmung von der sogenannten Mittelgebühr in einer Verkehrsstrafsache angemessen ist, wenn zwar Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit unterdurchschnittlich waren, die Angelegenheit für den Angeklagten wegen einer zu erwartenden Freiheitsstrafe, die nicht mehr zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können, von hoher Bedeutung war. Die Frage ist ausdrücklich bejaht worden.

Ausgangspunkt für die Gebühr, die der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 S.1 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen hat, ist nach überwiegend vertretene Auffassung grundsätzlich der Mittelbetrag der einschlägigen Rahmengebühr. Die Mittelgebühr soll gelten, wenn sämtliche gemäß Paragraf 14 Abs. 1 Satz eins RVG zu berücksichtigen Umstände, also insbesondere Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers, als durchschnittlich einzuordnen sind. Sie gilt wegen der vorzunehmenden Gesamtabwägung. Aber auch, wenn erhöhende und vermindernde Bemessungskriterien etwa gleich gewichtig sind oder wenn ein Bestimmungsmerkmal ein solches Übergewicht erhält, dass dadurch das geringere Gewicht mehrerer anderer Merkmale kompensiert wird. So lag der Fall hier. In der Verkehrsstrafsache drohte eine Freiheitsstrafe, die auch nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt worden wäre.

In der Gesamtabwägung hat das Landgericht Stralsund damit dem Rechtsanwalt Recht gegeben und die Gebühren zugesprochen. Weiterhin befasste sich das Landgericht mit der Frage, ob die von dem Rechtsanwalt getroffene Gebührenbestimmung unbillig im Sinne von § 14 Abs. 1 S.1 RVG ist. Die Grenze zu Unbilligkeit hat das Gericht – erneut – bei 20 % gezogen. Dies bedeutet, dass die Gebührenfestsetzung auch dann noch zutreffend ist, wenn der Rechtsanwalt bis maximal 20 % über der angemessenen Rahmengebühr seine Kosten berechnet. Hierdurch soll vermieden werden, dass ein akademischer Streit um die präzise auszurechnen Gebühr entsteht, dem Rechtsanwalt wird ein gewisser Beurteilungsspielraum zugesprochen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Rechtsschutzversicherer, auch im Dienste ihrer Versicherungsnehmer, diese Rechtsprechung nunmehr akzeptieren. Die tägliche Praxis zeigt, dass mittlerweile an fast jeder Anwaltskostennote von Seiten der Rechtsschutzversicherer – häufig mit unpassenden Textbausteinen – gekürzt wird.