Das Amtsgericht München hat in einem Hinweisbeschluss vom 18.8.14 (A.Z.: 345 C 5551/14) zu der interessanten Frage Stellung genommen, ob die Aufnahmen von sogenannten „Dash-Cams“ im Zivilrechtsstreit um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall verwertet werden dürfen.
Bei einer solchen Kamera handelt es sich um eine im Pkw installierte, permanent während der Fahrt laufende Kamera, die die Beweisführung im Falle des Streits um die Verursachung eines Unfalles erleichtern soll. Fahrzeuge werden auch in Deutschland zunehmend mit einer solchen Kamera ausgestattet. So sind im Jahr 2014 ca. 90.000 solcher Autokameras verkauft worden, das sind viermal so viele wie im Jahr zuvor (vgl. Der Spiegel, Heft 34/2014, S.46).
Das AG München hat die Verwertbarkeit von solchen Aufnahmen nun mit deutlichen Worten verneint, und zwar wegen der Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts hinsichtlich der gefilmten Personen. Anders als bei der dauerhaften Offenbarung privater Daten in Diensten wie z.B. Facebook, wo die Teilnehmer freiwillig Informationen und Bilder von sich bereitstellen, liegt ein Einverständnis der betroffenen Personen mit der Herstellung der Filmaufnahmen bei Dashcams (auch genannt Car-Cams) nicht vor. Der Sammlung von Daten oder Filmaufnahmen wäre, würde man sie zulassen, jeder ausgesetzt, der sich in die Öffentlichkeit begibt. Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs verstößt daher gegen § 6b I Nr.3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
Wenn nun durch die Erlangung des Beweismittel eine solche gesetzliche Bestimmung verletzt wurde, kann eine Verwertbarkeit im Zivilrechtsstreit nur ausnahmsweise angenommen werden, wenn der verletzten Eigensphäre überwiegende berechtigte Interessen gegenüberstehen. Dies hat das Gericht verneint.
Die Entscheidung verdient nach Auffassung des Verfassers große Unterstützung. Sie hat auch Aussagekraft weit über den Straßenverkehr hinaus. Denn aus der Tatsache, dass sich immer mehr Bürger im Internet zeigen und somit ihre Persönlichkeitsrechte aufgeben kann nicht geschlossen werden, dass das auf alle anderen Mitbürger auch zutrifft. Dieser Gesichtspunkt ist entscheidend und bedeutsam. Würde man dies anders sehen, könnte jeder Bürger überall Kameras installieren und jedermann permanent filmen und überwachen. Dies wäre das definitive Ende des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung eines jeden Bürgers.
Dr. Henning Hartmann
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht