Es gibt in Deutschland keine „Radfahrer“ mehr!

Sie haben richtig gelesen. Juristen sind Wortklauber, und daher ist die Überschrift zutreffend. Zumendest unter Verkehrsjuristen. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel sprach von „Dummdeutsch im Straßenverkehr“, und ein Kopfschütteln ist allemal erlaubt. In der seit dem 1.4.13 geltenden Fassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) hat sich der Gesetzgeber bemüht, nicht mehr von „Radfahrer“, sondern eine nicht das andere Geschlecht diskriminierende Formulierung zu finden. Der Grund ist, Sie ahnen es, das Erfordernis der sprachlichen Gleichbehandlung von Männern und Frauen.

Schauen wir einmal, was daraus geworden ist. Ziel war es, grundsätzlich nicht mehr von „Radfahrern“, sondern von „Rad Fahrenden“ zu sprechen. Zunächst einmal ist die Umsetzung dieser Vorgabe nicht vollständig geglückt. So ist in § 37 II Nr.6 StVO von einer „Radfahrerfurt“ die Rede. Diskriminierend, oder? Aber im Ernst, es hätte schlimmer kommen können. Es stand nämlich zu befürchten, dass nun in allen Vorschriften rund ums Rad von „Radfahrerinnen und Radfahrern“ die Rede ist. Wahrscheinlich, weil die Gesetzestexte sonst zu simpel zu lesen sind. Nein, zum Glück hat sich der Gesetzgeber eine bessere Formulierung einfallen lassen: Es ist künftig von „Rad Fahrenden“ die Rede, darauf muss man erst einmal kommen. Umschifft hat man die Hürde in § 23 III StVO, wo elegant formuliert wurde „wer ein Fahrrad führt..“.

Kurzer Exkurs und aktueller Blick über den Branchenrand. In der aktuellen Beilage der „Süddeutschen Zeitung“ hat die Aldi Süd AG eine Stelle ausgeschrieben und durchgehend die männliche Formel verwendet. In einer Fußnote wurde dann klargestellt, dass dies der besseren Lesbarkeit halber erfolgte und man sich auch auf Bewerbungen von weiblichen Interessenten freut. Schon besser, oder?

Aber damit zurück zu den Juristen und damit zur Neufassung der StVO. Auch „Fußgänger“ wurden in der Neufassung jetzt zu „zu Fuß Gehenden“ und „Mofafahrer“ gibt es auch nicht mehr (sondern Mofa Fahrende).

Was meinen Sie dazu? Und haben Sie einen Vorschlag, wie man den noch bestehenden Nachholbedarf bei der nach wie vor existenten „Fußgängerzone“ (§ 10 StVO), dem „Fußgängerverkehr“ (§ 24 StVO) und dem „Fußgängerüberweg“ (§ 26 StVO) stillen kann? Auch kann nicht dafür garantiert werden, dass in der nächsten Fassung der StVO nicht von einer „Fuß Gehenden Furt“ (§ 37 II Nr.6 StVO) die Rede ist. Aber wie schreibt man das eigentlich?

Herzlichst, Ihr

Dr. Henning Hartmann
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht