Blutende Wunde – Unfallflucht erlaubt?

Buchstäblich täglich kommt es zur Einleitung zahlreicher Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB), auch genannt Unfallflucht.

Dieser Straftatbestand gehört nach den Erfahrungen des Verfassers zu den am meisten unterschätzten Normen des Deutschen Strafrechts. Und die Folgen eines Verstoßes können äußerst gravierend sein. Nicht nur geht es um den Führerschein und eine Geld- oder sogar Haftstrafe. Auch die Leistung der Versicherung wird häufig verweigert bzw. der Kunde in Regress genommen.

Der BGH hat nun aber entschieden, dass ein Verlassen des Unfallortes gerechtfertigt sein kann, wenn der Unfallverursacher eine eigene Verletzung bemerkt und die Unfallstelle sodann verließ, um eine blutende Wunde versorgen zu lassen. In diesen Fällen könne eine Berechtigung oder Entschuldigung des Entfernens vom Unfallort vorliegen, wie in § 142 II Nr.2 StGB ausdrücklich geregelt.

So kann der Fall liegen, wenn der Angeklagte nach dem von ihm verursachten Unfall „einem Fluchtimpuls folgend“ zu dem Pkw seines Bekannten, der an der Unfallstelle vorbei gefahren kam, gelaufen war und sodann bemerkte, dass er an der Hand erheblich verletzt war. Es war nämlich die Fingerkuppe eines Mittelfingers abgeknickt und eine massive Blutung eingetreten. Sodann ließ sich der Angeklagte im Krankenhaus behandeln und verständigte erst nachher die Polizei. Da das Landgericht nach Auffassung des BGH nicht ausreichend aufgeklärt hatte, ob das Bemerken der Verletzung noch an der Unfallstelle erfolgte und somit ein Entfernen gerechtfertigt hätte, verwies es die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.

BGH, Beschl. v. 27.8.14 – A.Z. 4 StR 259/14

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