Der neunte, zehnte und elfte Prozesstag im Millionen – Einbruch in einen Berliner Tresorraum: eine Geschädigte gerät unter „Beschuss“
Am neunten (27. November) und zehnten (30. November) Prozesstag des Millionen – Einbruchs in den Tresorraum / die Schließfachanlage der Berliner Fasanenstraße 77 ging es um das Anhören einiger Schließfachmieter und Geschädigter. Dabei geriet die letzte Zeugin vom 04. Dezember mächtig unter Beschuss. Es wurden an allen drei Tagen weitere Geschädigte als Zeugen geladen. Einige von ihnen erschienene unentschuldigt nicht vor Gericht. Die Geschädigten sollten beschreiben, wie sie die Situation vor Ort wahrgenommen hatten, als sie das letzte Mal vor dem spektakulären Einbruch an ihrem jeweiligen Schließfach waren.
Auch ein Mitarbeiter der Mannheimer Versicherung, bei der der damalige Geschäftsführer und jetzige Kronzeuge Thomas S. die Schließfach- und Tresorinhalte versichert hatte, wurde befragt. Zu dieser Zeugenaussage finden Sie einen gesonderten Artikel auf unserer Website unter „Zahlt die Versicherung im Fall des 49 – Millionen – Einbruchs in die Berliner Schließfach- und Tresoranlage der „Vallog GmbH“?“
Ob für die Geschädigten des 49 – Millionen – Coups Haftungschancen gegenüber der Versicherung bestehen, bleibt abzuwarten. Thomas S. als Mittäter und Kronzeuge war und ist in mehreren Gesellschaften involviert, teilweise als Geschäftsführer. Unsere Recherchen erwecken den Eindruck , dass Thomas S. versucht, sein vorhandenes Vermögen zu verschleiern. Wohl auch, um späteren Haftungsansprüchen der Geschädigten nicht nachkommen zu müssen. Denn auch wenn bei der gewählten Unternehmensform GmbH nur bis zu Höhe von 25.000 Euro gehaftet werden muss, sieht es bei Straftaten anders aus. In solchen Fällen kann auch das Privatvermögen mit herangezogen werden.
Tag elf (04. Dezember) begann mit Verspätung gegen 09:55 Uhr. Der Vorsitzende verkündete, dass die Anhörung von Schließfachinhabern fortgesetzt wird.
Rechtsanwalt Becker, einer der Verteidiger der Mitangeklagten, schien sichtlich genervt und wollte von Staatsanwalt Kiworr erst einmal wissen, seit wann dieser die Akteneinträge der Vernehmung vom 04. Juli 2023 (Geldwäsche des Kronzeugen S. in Zusammenhang mit der Bayerischen Landesbank) schon kennt, die der Verteidigung erst vor drei Tagen zugingen. Scheinbar gereizt antworte der Staatsanwalt, dass diese ein anderes Verfahren betreffen würden und deshalb nicht so relevant für den Moment seien. Die Staatsanwältin Bärenklau reagierte und schätzte, dass diese Akteneinträge seit ca. sechs Wochen vorliegen würden. Ein Schlagabtausch begann. Die Verteidiger erwähnten untereinander fast beiläufig, aber dennoch hörbar „das ist auch wichtig für die Revision“. Vielleicht, um den Richter oder die Staatsanwaltschaft vorzuwarnen?
Etwas lauter merkte ein Verteidiger an, dass der Richter vielleicht nicht neutral sei und auch mal über einen Befangenheitsantrag nachgedacht werden sollte.
Der Vorsitzende verkündete eine 30 minütige Pause.
Nach über einer Stunde wurde die Verhandlung fortgesetzt. Die Pause nutzten die Verteidiger, um sich zu beraten und einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zu beantragen. Dabei würde der Fall noch einmal komplett neu aufgerollt werden.
Rechtsanwalt Albers begründete den Aussetzungsantrag mit § 147 Abs. 1 der Strafprozessordnung (Recht, Akten einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen). Der Verteidigung seien Informationen vorenthalten worden, eine Vorbereitung sei so kaum möglich gewesen sein. Der Verteidiger betonte, dass auch die Akteneinträge der Unterakte sehr wohl relevant für das jetzige Verfahren seien, weil durch die Einträge ersichtlich werden würde, dass Thomas S. auch andere Möglichkeiten als den Einbruch gehabt hätte, seine Schulden zu begleichen. Rechtsanwalt Conen warf ein, dass Thomas S. bezüglich seiner Liquidität ganz klar gelogen habe.
Rechtsanwalt Becker beantragte einen Gerichtsbeschluss über den Aussetzungsantrag. Dem schlossen sich die anderen Verteidiger der Mitangeklagten ( bis auf den des Kronzeugen) an.
Der Vorsitzende verkündete, dass er die Entscheidung über den Antrag der Verteidigung aussetzt und erst nach einer Kammerberatung entscheiden wird. Zum jetzigen Zeitpunkt sollte jedoch mit der Anhörung weiterer Geschädigter / Zeugen fortgefahren werden.
Gegen 13:00 Uhr wurde Herr Malte H., Co-Gründer und CFO der Investmentplattform Timeless, gehört, der zum Zeitpunkt des Einbruchs im Tresorraum der Vallog GmbH u.a. einzelne Uhren-Assets von Timeless eingelagert hatte. Herr M. erklärte ausführlich sein Geschäftsmodell und die Höhe des entstandenen Schadens.
Nach der Mittagspause wurde gegen 14:20 Uhr die Zeugin Frau Regina N., 61, gerufen. Sie erschien mit einer Dolmetscherin, weil Frau N. angab, Deutsch zwar zu verstehen, aber nur wenig zu sprechen. Frau N. erklärte, dass sie mit ihrem (dieses Jahres verstorbenen Ehemann) seit 19 Jahren in Deutschland lebt. Sie hatte Schmuck im Wert von über 1,3 Mio Euro bei der vallog eingelagert – fast ausschließlich Geschenke ihres verstorbenen Mannes.
Die Verteidiger schossen sich regelrecht auf die Zeugin ein: sie befragten diese durch plötzliche und heftige Wortschwalle zur Herkunft des Schmucks, zur Tätigkeit des verstorbenen Ehemannes und zu Kaufdaten, Kaufbelegen usw. Es erweckte den Anschein, dass die Glaubwürdigkeit der Zeugin durch diese Taktik untergraben werden sollte.
Die Befragung dauerte über eine Stunde und die Zeugin ließ mehrfach verlauten, dass sie nicht verstehe, warum sie so in die „Mangel“ genommen würde. Die Verteidiger warfen immer wieder eigene Schlussfolgerungen, angedeutete Unterstellungen sowie die Begriffe „Falschaussage“ und „Vereidigung“ in den Raum. Letztlich wurde die Zeugin aber vom Vorsitzenden gegen 17:10 Uhr unvereidigt entlassen.
Am Montag, 11. Dezember, sollen weitere Zeuge gehört werden. Und wie immer werden wir Sie auf dem Laufenden halten.