Ist die fiktive Abrechnung am Ende?

(Von unserer Rechtsanwältin Frau Petersdorff). Endet nun tatsächlich, wie viele unken, die fiktive Abrechnung bei Verkehrsunfällen? Die Antwort lesen Sie hier.

Das Landgericht Darmstadt hat mit Urteil vom 05.09.2018 (Az. 23 O 386/17) entschieden, dass bei Kraftfahrzeugschäden nur noch die durch Rechnung nachgewiesenen Positionen reguliert werden können. Entsprechendes gilt für die Nutzungsentschädigung. Diese soll fiktiv nicht mehr abgerechnet werden können. Soweit jedoch ein Mietwagen beansprucht wird, sind die Kosten erstattungsfähig. Das Gericht führt insoweit aus: „Wer ein Fahrzeug braucht, mietet eins; wer keins mietet, braucht auch keins.“

Fiktive Abrechnung am Ende?

Begründet hat das Landgericht Darmstadt sein Urteil mit der Entscheidung des für das Baurecht zuständigen VII. Zivilsenats des BGH. Dieser hatte mit Urteil vom 22.02.2018 (Az. VII ZR 46/17) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, dass es im Baurecht zukünftig keine fiktive Abrechnung der Mängelbeseitigungskosten mehr gibt. Demnach habe ein Besteller, der keine Aufwendungen zur Mängelbeseitigung tätigt, sondern diese nur fiktiv ermittelt, auch keinen Vermögensschaden in Form und Höhe dieser (nur fiktiven) Aufwendungen. Erst wenn er den Mangel beseitigen lässt und die Kosten dafür begleicht, entstehe ihm ein zu entschädigender Vermögensschaden.

Für das Kaufrecht wird im Januar 2020 eine ähnliche Entscheidung des hierfür zuständigen V. Zivilsenats des BGH erwartet. Insoweit hatte bereits das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 21.01.2019 (Az. 29 U 183/17) entschieden, dass auch bei Kaufverträgen die fiktive Abrechnung unzulässig ist.

Abschließende Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. liegt bislang nicht vor

Die eingangs erwähnte Entscheidung des Landgerichts Darmstadt wurde mit der Berufung zum OLG Frankfurt a. M. angegriffen. Dieses hat am 18.06.2019 (Az. 22 U 210/18) einen Hinweisbeschluss erlassen, wonach seiner Ansicht nach die fiktive Abrechnung bei Verkehrsunfällen möglich bleiben soll. Anders als im Baurecht und ggf. im Kaufrecht beruhe bei Verkehrsunfällen der „Schaden“ nicht auf einem Leistungsdefizit der Gegenseite, sondern auf unerlaubter Handlung. Das sei etwas grundsätzlich anderes und somit nicht vergleichbar. Eine abschließende Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. liegt bislang jedoch nicht vor, so dass auf Grundlage dieses Hinweisbeschlusses die fiktive Abrechnung bei Verkehrsunfällen tendenziell weiter zulässig bleiben, jedoch auch eine andere Ansicht vertretbar sein dürfte.