Fahrerwechsel: Keine Kenntnis vom Schild!

Was für ein interessantes Urteil. Das OLG Hamm hat kürzlich (Urteil vom 18.06.2014 – Aktenzeichen:1 RBs 89/14) folgende äußerst bemerkenswerte Entscheidung gefällt.

Sachverhalt: Der Beschuldigte fuhr als Beifahrer, das von der Ehefrau gesteuerte Auto passierte ein Schild, auf dem ein Überholverbot angeordnet wurde. Auf einem Parkplatz übernahm der Betroffene dann das Steuer. Ohne Kenntnis des zuvor angeordneten Überholverbotes überholte der Betroffene sodann munter andere Fahrzeuge und wurde von Polizeibeamten, die dies beobachtet hatten, angehalten. Es wurde ein Verfahren gegen ihn eingeleitet. Der Betroffene legte gegen den Bußgeldbescheid Einspruch ein. Der Betroffene konnte nach Auffassung des OLG Hamm bei dieser Sachlage nicht verurteilt werden. Die gegen die Verurteilung eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte somit Erfolg, das Urteil des Amtsgerichts Olpe wurde aufgehoben.

Die Begründung im Wesentlichen : Der Beifahrer eines Kraftfahrzeuges ist grundsätzlich nicht verpflichtet, auf Verkehrsschilder zu achten. Nach einem Fahrerwechsel trifft ihn regelmäßig aus keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Pflicht, sich nach einem durch eine vorherige Beschilderung angeordnetem Überholverbot zu erkundigen. Für eine solche Verpflichtung gibt es schlicht keine rechtliche Grundlage. Denn: Würde man eine solche Verpflichtung verlangen, müsste der Auskunft erteilende ja eine Art Gewähr für die Richtigkeit der Auskunft geben. Wenn die Auskunft aber falsch sei, könnte die unzutreffende Auskunft den Fahrzeugführer wiederum entschuldigen. Zudem: wenn den Fahrer nun wieder eine Verpflichtung treffen würde, die Angaben des ersten Fahrers auf seine Richtigkeit zu überprüfen, bestünde doch die Gefahr, dass der (neue) Fahrer im Vertrauen auf die Auskunft die im Verkehr gewünschte gesteigerte Aufmerksamkeit vermissen lassen würde. Und das kann ja auch nicht im Sinne der Straßenverkehrsrgesetze sein.

Dieser scharfsinnigen Begründung des OLG kann man wohl nicht widersprechen.