Fahrzeug wird an Tochter überlassen – Haftungsausschluss?
Ein recht häufiger Fall ist, dass ein PKW von Verwandten, Bekannten oder auch einem Elternteil ein Auto überlassen wird. Wenn dieses Auto sodann weiter verborgt wird, stellt sich die Frage, ob ein so genannter stillschweigender Haftungsausschluss vorliegen kann.
Das OLG Celle hat in seinem Urteil vom 26. 1. 2016 (Aktenzeichen 14 U 148/15) folgenden Fall zu entscheiden gehabt. Der (spätere) Kläger hatte den ihm gehörenden PKW seiner Tochter zur dauernden Benutzung überlassen. Diese gestattete der (späteren) Beklagten die Benutzung des Autos bei Bedarf und gab der Beklagten auch einen Zweitschlüssel. Am Tag des Unfalls holte die Beklagte dann die Tochter des Klägers nach deren Rückkehr aus dem Urlaub vom Flughafen ab. Hierbei verursachte die Beklagte fahrlässig einen Unfall, bei dem der (nicht kaskoversicherte) PKW beschädigt wurde.
Es stellte sich sodann die Frage, ob der das Auto überlassende Eigentümer des Fahrzeuges gegen die Fahrerin einen Anspruch auf Ersatz seiner Schäden hat.
Dies wurde im Ergebnis von dem OLG Celle bejaht. Die Beklagte, die zum Schadenszeitpunkt am Steuer saß, hat objektiv eine Rechtsgutverletzung begangen, wenn auch nur fahrlässig. Denn sie beschädigte den PKW des Klägers. Daher wird die Verletzung einer Sorgfaltspflicht und damit das Verschulden zunächst angenommen. Eine Widerlegung dieser Vermutung gelang nicht, zumal sich der Unfall unstreitig ohne Fremdeinwirkung ereignete.
Die Beklagte war auch nicht von der Haftung aufgrund eines mit der Tochter des Klägers als dessen Vertreterin zustande gekommenen stillschweigenden Haftungsausschlusses frei. Die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses richtet sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls. Voraussetzung für die Bejahung ist dabei immer, dass der Schädiger – wäre die Rechtslage vorher zur Sprache gekommen – einen Haftungsverzicht gefordert hätte und der Geschädigte sich dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen dürfen. Bejaht werden kann eine entsprechende konkludente Abrede demnach nur dann, wenn der Schädiger zum Beispiel über keinen entsprechenden Versicherungsschutz verfügt, für ihn ein nicht hinnehmbares Risiko besteht und darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die im konkreten Fall einen Haftungsverzicht als besonders nahe liegend erscheinen lassen. Um eine solche Annahme wiederum bejahen zu können, muss ein Verhalten vorliegen, das einen hinreichend sicheren Schluss auf die wirksame Abgabe entsprechender Willenserklärungen zulässt. Die bloße enge persönliche Beziehung zwischen den Beteiligten ist dafür nicht ausreichend. Solche besonderen Umstände, die die Annahme eine Stillschweigen vereinbarten Haftungsausschlusses für nur durch einfache oder leichte Fahrlässigkeit von der Beklagten verursachte Schäden am PKW des Klägers zu lassen, sind in dem vom OLG Celle entschiedenen Fall nicht feststellbar gewesen. Da die Beklagte das Fahrzeug über weite Strecken eigenständig nutzen konnte, sei es nach Auffassung des Gerichtes nicht unbillig, die Beklagte für auch nur fahrlässig an den PKW des Klägers verursachte Schäden haften zu lassen. Hieran änderte auch nichts, dass die konkrete Fahrt, bei der es zum Unfall kam, im Interesse der Tochter des Klägers stattfand, weil die Beklagte sie nach einer Urlaubsfahrt abholte.
Auch die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses als rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis setzt daher den Willen der Beteiligten voraus, eine Bindung hinsichtlich der Übernahme einer entsprechenden Verbindlichkeit einzugehen. Dies hat der BGH bereits im Jahre 1971 entschieden (Fundstelle: NJW 1971,1404). Übernommene Gefälligkeiten des Alltagslebens, denen Verwandtschaft, Freundschaft, Kollegialität oder Nachbarschaft zu Grunde liegen, bieten keinen Anlass, auf eine solche Rechtsbindung, die einen Haftungsausschluss begründet, zu schlussfolgern.