Wenn ein Fußgänger dunkel gekleidet ist und es zu einem Unfall kommt: liegt ein Mitverschulden vor? Die Versicherer sind bekanntlich erfindungsreich, wenn es darum geht, sich aus der Zahlungspflicht zu winden.
Ein Fußgänger hatte korrekt den Fußgängerüberweg einer Straße überquert, als ein PKW den “Vortritt“ nahm und es zur Kollision kam. Eigentlich eine klare Sache, jedoch hatte vorliegend der Fußgänger eine seine Erkennbarkeit erschwerende dunkle Kleidung getragen. Es stellte sich die Frage des Mitverschuldens.
Die beklagte Versicherung trug vor, ein Mitverschulden des Geschädigten folge daraus, dass er trotz schwieriger Sichtverhältnisse bei fehlendem Tageslicht dunkel gekleidet und deshalb schwer erkennbar gewesen sei. Das Landgericht hatte diesen Einwand für begründet gehalten und deshalb ein Mitverschulden des Geschädigten in Höhe von 20 % angenommen. Die Berufung der Klageseite hatte hingegen überwiegend Erfolg. Im Wesentlichen führte das OLG München (Urteil vom 30. Juni 2017 Aktenzeichen 10 U 4244/6) aus, wer als Fußgänger ordnungsgemäß, d.h. entsprechend den Vorgaben des § 25 Abs. 3 StVO eine Straße überquert, müsse sich nicht im Hinblick auf die Farbe seiner Kleidung einen Mitverschuldensvorwurf gefallen lassen. Alles andere würde nicht nur der Rechtsordnung widersprechen, sondern auch der Lebenswirklichkeit.
Ein gut nachvollziehbares Urteil. Ansonsten würde, die Frage zu Ende gedacht, einem Fußgänger ja vorgeschrieben werden, welche Farbe seine Kleidung denn haben muss, damit er (selbst im Falle ordnungsgemäßen Verhaltens) sich nicht der Gefahr eines Mitverschuldens aussetzt.
Klarstellend merkte das OLG München in dem genannten Urteil an, da sich die Kollision auf einem von dem Geschädigten benutzten Fußgängerüberweg ereignet hatte, lag das grundsätzliche Vorrecht des Fußgängers vor (so auch schon die Entscheidung BGH VersR 1966 (660). Da weder nachgewiesen ist, dass der Geschädigte bei Rotlicht den Überweg benutzte oder der Geschädigte nicht auf den herannahenden Verkehr achtete, kam lediglich ein Mitverschulden wegen „gefahrträchtiger Kleidung“ in Betracht. Gesetzliche Bekleidungsvorschriften, dass ein Fußgänger bei Dunkelheit helle Kleidung oder gar Reflektoren auf der Kleidung tragen müsse, damit er im Straßenverkehr besser zu sehen ist, bestehen aber nun einmal nicht.
Wie gesagt, ein gut nachvollziehbares Urteil. Sollten Sie Fragen zur Entstehung oder Durchsetzung von Schadensersatz– oder Schmerzensgeldansprüchen haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.