Haftung bei „Schockschaden“

Aus einem Unfallereignis können Ansprüche auch dann entstehen, wenn der Geschädigte Schäden an dem geistigen Wohlbefinden, also der Psyche, erleidet. Ein häufiger Fall ist das Miterleben des Todes oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen. Hierzu hat der BGH bereits wiederholt geurteilt, dass solche Beeinträchtigungen nur dann als Gesundheitsbeschädigung i.S.v. § 823 I BGB angesehen werden können, wenn sie pathologisch fassbar sind (vgl. u.a. BGH VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 RN 13f.). Hierbei ist stets dem Umstand Rechnung zu tragen, ob die von dem nicht direkt, sondern eben nur psychisch beteiligten Beeinträchtigungen darstellen, die aus dem direkten Wahrnehmen eines Unfalls oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst wurden. Psychische Beeinträchtigungen wie Trauer und Schmerz beim Tod oder bei schweren Verletzungen naher Angehöriger, mögen sie auch für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sein, können nur dann zu einer ersatzpflichtigen Gesundheitsschädigung werden, wenn sie über diejenigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinaus gehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung von dem Unfall eines nahen Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (vgl. BGH VI ZR 58/74, VersR 1976, 539). Mit anderen Worten: die „normale Trauerarbeit“ oder der „normale Schock“ führt nicht zu einem Anspruch.

Am 10.2.15 hatte der BGH nun über folgenden Fall zu entscheiden. Die Klägerin musste mitansehen, wie ihr vierjähriges Kind, nachdem es von einem Auto erfasst worden war, mit gebrochenem und verdrehtem Oberschenkel auf der Straße lag. Zudem hatte das Kind eine blutende Platzwunde am Hinterkopf erlitten. Die Klägerin führt nun an, sie habe als Reaktion auf dieses Erlebnis ein posttraumatisches Belastungssyndrom entwickelt, das sich in Magersucht, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Rückenschmerzen äußere. Sie könne, so die Klägerin, aufgrund dieses Erlebnisses auch den Haushalt nicht mehr führen.

Der BGH hat grundsätzlich einen Anspruch zuerkannt. Allerdings ist vorliegend der Zurechnungszusammenhang von der Klägerin selbst dadurch unterbrochen worden, dass sie es unterlassen hat, sich einer (weiteren) Behandlung zu unterziehen. Dann habe der Geschädigte nämlich den Unfall in neurotischem Streben nach Versorgung und Sicherheit lediglich zum Anlass genommen, um den Schwierigkeiten und Belastungen des Erwerbslebens auszuweichen (vgl. auch BGH VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341). Vorliegend hatte daher die Klägerin durch den Abbruch der Behandlung ein Mitverschulden an ihrer eigenen Erkrankung zu vertreten.