Kein Fahrverbot nach Ablauf einer bestimmten Zeit

Heute geht es darum, dass kein Fahrverbot verhängt werden darf, wenn nach der Tat der Ablauf einer bestimmten Zeit eingetreten ist. Ein häufiger Verteidigungsansatz.

Das Fahrverbot kann seinen Sinn verlieren, wenn die zu entscheidende Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände auch außerhalb des Einflussbereich des Betroffenen liegen, und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten im Straßenverkehr festgestellt worden ist. Das ist durch das OLG Dresden am 11. 3. 2019 (Beschluss zum Aktenzeichen: OLG 23 Ss 80/19 (B) festgestellt worden.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde. Gegen den Betroffenen erging ein Bußgeldbescheid wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb der Ortschaften, Datum der Tat war der 28. September 2016. Der Bußgeldbescheid sah eine Geldbuße von 180 € mit Fahrverbot von einem Monat vor. Nach Einspruchseinlegung hat es dann wohl – wie so häufig – noch eine Weile gedauert, bis das Amtsgericht sich der Sache annahm.

Das erste Urteil des Amtsgerichts erging am 13.3.2018 und wurde durch das OLG mit Beschluss vom 21.8.2018 auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das nächste Urteil erging am 9. 10. 2018 mit derselben Rechtsfolge, also wieder mit Fahrverbot. Dies bedeutet, dass das Fahrverbot trotz lange zurückliegender Tat erneut angeordnet wurde. Der Amtsrichter hat wohl nicht gewusst oder nicht wahr haben wollen, dass das so nicht geht.

Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrte der Betroffene den Wegfall des Verbotes. Das OLG Dresden hat das Urteil des Amtsgerichts Dresden abgeändert und angeordnet: Das Fahrverbot soll entfallen!

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Verbot dann seine Funktion verlieren kann, wenn die zu ahndende Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände auch außerhalb des Einflussbereich des Betroffenen liegen und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten des Betroffenen im Straßenverkehr festgestellt worden ist. Denn: das Fahrverbot nach § 25 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt. In der Rechtsprechung ist daher die Tendenz erkennbar, den Sinn eines Fahrverbotes dann infrage zu stellen, wenn die zu beurteilende Tat bereits mehr als zwei Jahre zurückliegt.

Dieser Auffassung hat sich vorliegend das OLG Dresden angeschlossen. Das Fahrverbot wurde daher auf gehoben, der Betroffene musste seinen Führerschein nicht abgeben.

Übrigens: scheidet die Verhängung eines Fahrverbot wegen Zeitablaufs aus, führt dies auch nicht zur Erhöhung der Geldbuße. Diese Vorgehensweise findet häufig in der Kompensierung eines Fahrverbotes (Stichwort: unzumutbare Härte) statt, was aber heute nicht Thema ist. Vielmehr findet in den Fällen des langen Zeitablaufes § 4 Abs. 4 der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) insoweit grundsätzlich keine Anwendung. Dementsprechend hat das OLG hier auf zutreffend auch vom „Wegfall“ des Verbotes gesprochen.

Im Gegensatz zu den Fällen der Kompensierung wird beim Wegfall der verkehrserzieherischen Erforderlichkeit, sofern dies bejaht wird, nämlich kein Erfordernis mehr gesehen, ein Fahrverbot überhaupt anzuordnen. Auf der Rechtsfolgenseite fällt dieses damit damit schlicht weg. Eine Erhöhung der Geldbuße (§ 4 Abs. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung) darf dann gar nicht mehr erfolgen.