Erneut wurde ein Urteil des Amtsgerichts aufgehoben. Ein Amtsgericht im Saarland hatte gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein Bußgeld von 120 € sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Das OLG Saarbrücken hat auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Was war passiert? Der Amtsrichter hat einen Fehler gemacht. Die Entscheidungsgründe eines Bußgeldurteils müssen, genauso wie die eines Strafurteils, so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die richtige Rechtsanwendung möglich wird.
Vorliegend fehlte aber eine zumindest gestraffte Darstellung der Einlassung des Betroffenen in den Urteilsgründen. Weiterhin muss eine Beweiswürdigung, sofern sie denn stattgefunden hat, sich ebenfalls in den Urteilsgründen finden. Diese Beweiswürdigung muss sich mit den tragenden Beweismitteln und deren Ergebnissen auseinandersetzen. Befolgt der Amtsrichter – wie im vorliegenden Fall – dies nicht, begründet dies auch im Bußgeldverfahren einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils. Hinsichtlich der Einlassung des Betroffenen (der Verteidiger wird für diesen in der Regel Beweisanträge stellen) gilt folgendes. Das Rechtsbeschwerdegericht muss in den Stand versetzt werden, die Urteilsgründe zu überprüfen. Und zwar auf Lücken, Unklarheiten, Widersprüche sowie auf Verstöße gegen Denkgesetze und gesicherte Erfahrungssätze.
Weiterhin gilt: die den Tatsachenfeststellungen zu Grunde liegende Beweiswürdigung muss daher im Regelfall erkennen lassen, ob und wie sich der Betroffene eingelassen (erklärt) hat, welche Anträge der Verteidiger gestellt hat, und muss auch konkrete Ausführungen enthalten, ob und warum der Richter die Einlassung für richtig oder falsch hält. Schweigt der Betroffene oder bestreitet die Tat, müssen die Urteilsgründe die tragenden Beweismittel wiedergeben. Auch müssen die Amtsrichter sich mit diesen auseinandersetzen. Das Fehlen einer zumindest gestraften Darstellung, von Einlassungen des Betroffenen und gegebenenfalls der Beweiswürdigung, die das Urteil mit tragen, führt daher zur Fehlerhaftigkeit des Urteils.
Vorliegend ließ sich aus den Gründen des Urteils zwar entnehmen, „dass sich der Betroffene eingelassen“ hat. Nicht mitgeteilt wurde aber der Inhalt dieser Einlassung. Nun hätten aber die Einwände des Betroffenen gegen die Geschwindigkeitsmessung zumindest in gestraffter Form dargestellt werden müssen. Hier ließen die Gründe des Urteils jegliche Ausführungen dazu vermissen, wie sich der Betroffene denn nun eingelassen hat. So geht es eben nicht.
Das angefochtene Urteil war daher mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 StPO in mit § 79 Abs. 3 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz). Die Sache war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat – sehr interessant – von der Möglichkeit der Zurückweisung der Sache an eine ANDERE ABTEILUNG des Amtsgerichts Gebrauch gemacht hat (§ 79 Abs. 6 Ordnungswidrigkeitengesetz). Der Grund für diese Zurückweisung eine andere Abteilung des Amtsgerichts war, dass die Richter des OLG offenbar befürchteten, der zunächst am Amtsgericht zuständige Richter wäre, sei es aus Uneinsichtigkeit, sei es aus Unkenntnis, auch im „zweiten Anlauf“ nicht imstande oder bereit, eine zutreffende Rechtsanwendung vorzunehmen.
Wie man sieht, ist Bußgeldverfahren eine gut geführte Verteidigung oftmals imstande, die Aufhebung von Entscheidungen des Amtsgerichts herbeizuführen. Lassen Sie sich nicht alles gefallen!
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