Neues zu EU-Führerschein, MPU und Wohnsitz

Immer wieder gibt es berechtigte Fragen der Betroffenen zu den Themen EU-Führerschein, MPU und Wohnsitzerfordernis. Wer mit einem EU-Führerschein in Deutschland legal fahren will, sollte sich hier gründlich informieren.

Die Deutschen Behörden tun sich nach wie vor schwer mit der Erkenntnis, dass ausländische EU-Führerscheine in Deutschland im Grundsatz anzuerkennen sind. Es ist völlig unerheblich, ob der Betroffene in Deutschland eine „Vorgeschichte“ hat und ihm hier vor Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eine MPU abverlangt würde. Ein z.B. aus Tschechien stammender EU-Führerschein ist in Deutschland – ohne Umschreibung – gültig. Dies gefällt vielen Amtswaltern nicht. Aus dieser Situation hieraus flüchten sich denn auch Behörden immer häufiger in eine Argumentation, um die Anerkennung zu verweigern. Diese geht häufig dahin, dass bei Ausstellung des EU-Führerscheins ein Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip vorgelegen habe.

Dabei „vergessen“ die Behörden zunächst einmal folgenden Grundsatz. Es ist Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats, zu prüfen, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenigen hinsichtlich der Fahreignung und des Wohnsitzes, erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist (EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008, verb. Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann/Funk, Slg. 2008, S. I-4635, Rn. 52). Nicht die Auffassung oder auch das „Misstrauen“ der deutschen Behörde ist maßgeblich. Auch Ermittlungen in Deutschland, die auf einen Wohnsitzverstoß hinweisen, sind nicht von Bedeutung. Wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein ausgestellt haben, sind die anderen Mitgliedstaaten schlicht und ergreifend nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen. Sie sind an die Feststellungen des Ausstellerstaates gebunden. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist nämlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins diese Voraussetzungen erfüllte (EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008, Wiedemann/Funk, a.a.O., Rn. 53). Dies gilt auch dann, wenn der Führerschein im Aufnahmemitgliedstaat wegen Drogen- oder Alkoholkonsums entzogen wurde und der Ausstellungsmitgliedstaat nicht dieselben Anforderungen an den Eignungsnachweis stellt, insbesondere auf eine medizinisch-psychologische Untersuchung verzichtet (EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008, Wiedemann/Funk, a.a.O., Rn. 73). Der EU-Führerschein ist also im Grundfall immer in Deutschland anzuerkennen,

Anders liegt der Fall nur dann, wenn sich aus unbestreitbaren Informationen aus dem Ausstelerstaat (nochmals: NICHT aus Deutschland) ein Wohnsitzverstoß herleiten lässt. Und an dieser Stelle werden die Behörden in letzter Zeit immer findiger. Nach Übersendung eines Fragebogens an die ausstellenden Behörden wird versucht, aus den Mitteilungen Hinweise auf den Wohnsitzverstoß abzuleiten. Definitiv zu weit wurde die Grenze eines tauglichen „Hinweises“ z.B. vom OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss v. 15.1.16, A.Z.: 10 B 11099/15) gezogen. Hier kam von der polnischen Meldebehörde die Information, dass der Antragsteller nach ihren Informationen zwar dort seinen gewöhnlichen Wohnsitz („normal residence“) hatte, über weitere Angaben verfüge die Behörde aber nicht („unknown“). Zutreffend weist das Gericht aus Rheinland-Pfals noch darauf hin, dass Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung „durchbrochen werden muss“, damit KEINE Gültigkeit des EU-Führerscheins in Deutschland (bzw. jedem anderen Aufnahmestaat) vorliegt. Mit einer äußerst fragwürdigen und auch abzulehnenden Begründung kommt dann das Gericht zu einem nicht vertretbaren Ergebnis, nämlich dass in der hier geschilderten Kontellation (ausstellende Behörde verfügt über KEINE Informationen) Hinweise für einen Wohnsitzverstoß liegen, die den Rahmen für eigene Ermittlungen eröffnen. Diese Auslegung ist in einem gleich gelagerten Fall denn auch durch – unter anderem – durch das Verwaltungsgericht Köln deutlich abgelehnt worden (vgl. VG Köln 23 L 2465/15).

In der Folge dieser Entwicklung sind viele Autofahrer inzwischen dazu über gegangen, ihren EU-Führerschein in einem Land zu erwerben, aus dem erfahrungsgemäß keine Rückmeldung auf Anfragen aus Deutschland zu dem Wohnsitz erfolgen.

Betroffenen kann daher nur geraten werden, auf die Gültigkeit des EU-Führerscheins zu bestehen und ggf. den Rechtsweg zu beschreiten. Dies kann und sollte in folgender Weise geschehen:
– Verteidigung gegen den Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG), wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Hier wird regelmäßig die Verfahrenseinstellung bzw. ein Freispruch erreicht.
– Widerspruch gegen einen Feststellungsbescheid, wenn die Führerscheinstelle die Gültigkeit des ausländischen EU-Führerscheins in Deutschland aberkennt
– erforderlichenfalls Klage vor dem Verwaltungsgericht, wenn die Behörde dem Widerspruch nicht abhilft.
– Klage auf Umschreibung des ausländischen EU-Führerscheins in eine deutsche Fahrerlaubnis bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Fahrerlaubnisverordnung (FeV).

Auch ist unbedingt anzuraten, qualifizierte anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn der Bürger wird bei den handelnden Behörden, wie oben ausgeführt, häufig nicht entsprechend der Gesetzeslage behandelt.