Radfahrer haftet für Unfall – Autofahrer trotzdem strafbar

Autofahrer müssen auf Radfahrer als „schwächere“ Verkehrsteilnehmer zwar besonders achten. Sie haften aber nur dort, wo mit ihnen zu rechnen ist. Daraus ergeben sich durchaus bemerkenswerte verkehrsrechtliche Konsequenzen.
Wie in diesem Fall. Ein Fahrradfahrer war mit einer Geschwindigkeit von rund 20 km/h auf einem Gehweg entgegen gesetzt zur Fahrtrichtung unterwegs, als ein Auto aus einem Parkplatz heraus und ihm – angeblich ohne auf Fußgänger zu achten – in den Weg fuhr. Trotz seiner Vollbremsung sei eine Kollision mit dem Auto nicht zu verhindern gewesen, so der Radfahrer. Er verklagte daraufhin den Autofahrer auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab. Es führte aus, dass der Kläger sich grob fahrlässig und verkehrswidrig verhalten hätte. Er sei nicht nur auf einem Gehweg entgegen der Fahrtrichtung des Fahrverkehrs unterwegs gewesen, sondern auch zu schnell gefahren. Wäre er mit angemessener Geschwindigkeit gefahren, hätte er die Kollision mit dem Auto vermeiden können. Der Verschuldensanteil des Radfahrers sei so erheblich, dass die vom Auto ausgehende Betriebsgefahr hier außer Acht bleiben könne, führte das Gericht aus. Dass der Autofahrer beim Herausfahren aus dem Parkplatz keine Sorgfalt gemäß der Straßenverkehrsordnung gewahrt hatte, war nicht nachzuweisen. Die Entscheidung hat für den Autofahrer in mehrfacher Hinsicht erhebliche Bedeutung: Selbst bei grobfahrlässiger Fahrweise eines Fahrradfahrers in der hier beschriebenen Weise flattert immer ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung ins Haus des Autofahrers. Dabei kommt es für den sog. Anfangsverdacht, der ein Strafverfahren ins Rollen bringt, nicht darauf an, ob der Autofahrer den Unfall vermeiden konnte. Die Höhe der Verletzung, die Möglichkeit, den Unfall abzuwenden und der Grad des Verschuldens des Fahrradfahrers findet bei der Bewertung des Strafverfahrens nur bedingt Berücksichtigung. Das – auf Geldzahlung gerichtete – Zivilverfahren und das Strafverfahren sind also zwei unterschiedlich zu bewertende Angelegenheiten.