Tag sechs im Prozess um den Tresorraub in der Fasanenstraße Berlin:Der Coup-Planer wird enttarnt

Am sechsten Verhandlungstag, 16. November 2023, geschah vor der 6. Großen Strafkammer in Berlin – Moabit etwas recht Unerwartetes: der Planer des 49-Millionen-Coups, der das Projekt „Tresorraub“ organisierte, wurde durch den Kronzeugen Thomas S. enttarnt: es handelt sich um die Kiezgröße Muhammet „Mo“ H. (42).

Wie kam es dazu?
Der Staatsanwalt fragte den Kronzeugen und ehemaligen Geschäftsführer Thomas S., ob er diesen legendären „Mo“, von dem immer wieder die Rede ist, denn nach dem Raub noch einmal wiedergesehen hätte. Thomas S. hatte diesen „Mo“ als Organisator und Gesprächsführer im Projekt „Tresorraub“ beschrieben, der sich laut S. mit „Raub und ähnlichen Themen“·auskennt.

Bislang hatte Thomas S. auf keinem der ihm von der Polizei vorgelegten Fotos diesen Mo erkannt. Doch auf die Frage des Staatsanwalts heute deutete der Kronzeuge plötzlich und zaghaft auf den ihm gegenüber sitzenden Mitangeklagten Muhammet H. (42). Ein Raunen ging durch den Gerichtssaal.

Die Staatsanwaltschaft interessierte sich für weitere Details, wie zum Beispiel: Wie viele Treffen mit den Angeklagten Mahmoud M. (26) und Bilall M. (42) haben vor dem Raub stattgefunden? Wann hat S. das Notfall-Handy bekommen? Und wann wieder abgegeben? Wo genau haben diese Treffen stattgefunden? Dabei kommt nach derzeitigem Kenntnisstand dem Bilall M. (42) die Rolle des Ideengebers zu. Auf Mahmoud M. (26), der aktiv in die Geldwäschegeschäfte involviert sein soll, passt eher die Rolle des netten Nachbarn. Kenan S. (28) wird derzeit als Tresor-Fachmann und Handlanger angesehen.

Thomas S. erwähnte später, dass er damals keinesfalls blauäugig in das Geschäft der Geldwäsche für Bilall M. gegangen sei: sein Geschäftspartner und -freund Rayk F. – seines Zeichens einschlägig vorbestrafter und langjähriger Rocker der Berliner „Hells Angels“ (bei dem in der Vergangenheit auch schon Schusswaffen und Munition gefunden wurden) – habe ihn vor der Geldwäsche gewarnt. Doch Thomas S., so bodenständig und naiv er vielleicht manchmal auch wirken möchte, scheint mit allen Wassern gewaschen zu sein. Denn wie sonst ließ sich sein opulentes Leben mit mehreren Luxusimmobilien und Anteilen an einem Yachthafen aufrechterhalten?

Da übrigens auch bei Thomas S. erst kürzlich eine nicht registrierte Schusswaffe in seinem Nachtschrank gefunden wurde, drängt sich hier automatisch ein bestimmter Verdacht auf…

Nach einer kurzen Unterbrechung begannen die Anwälte der Mitangeklagten mit der Befragung des Thomas S. Hier ging es zunächst um die im Raum stehende Geldwäsche. Woher kannte er die Personen wie Bilall M. und weitere? Wie hat das im Detail funktioniert? Und vor allem: „Wenn man in fünf Monaten sechzehn!! Millionen Euro umsetzt und dafür mehr als Dreihunderttausend Euro Provision erhält, wie kann man am Ende 1,3 Millionen Euro Schulden haben?

Thomas S. deutete an, davon seine anderen Geschäftsbeteiligungen, wie Nachtclub und Kioske finanziert zu haben.

Ein weiterer Verteidiger fragte, warum S. in Zeiten wirtschaftlicher Zwänge nicht versucht habe, den an die Firma Watchmaster vergebenen Kredit in Höhe von ca. 1,3 Millionen Euro zurück zu fordern. Dafür konnte Thomas S. einmal mehr keine Erklärung abgeben. Ebenso wenig wie für die Frage, warum er die ehemalige Sicherheitsfirma WISAG schon Monate vor dem Kennenlernen der anderen Angeklagten nicht mehr bezahlt hatte, was ja letztlich zu deren Kündigung und dem Einsetzen der von den anderen Angeklagten „neu gegründete“ Sicherheitsfirma geführt hat.

Während der kurzen Unterbrechungen konnte man den Unmut einiger Geschädigter wahrnehmen, die sagten, dass sie das Gefühl hätten, dass der Kronzeuge Thomas S. gerade soviel aussagt, um vor den Mitangeklagten „geschützt“ zu werden. Dass S. jedoch auch viel verschweigt, was dem Auffinden der Tatbeute entgegensteht.

Wie es weiter geht und inwieweit der Kronzeuge den Fragen der Verteidiger seiner Mittäter standhält, erfahren wir am Montag, 20. November um 9:30 Uhr im Sicherheitssaal des Landgerichts Berlin. Wir werden Sie auch danach wieder auf den neuesten Stand im Prozess um den Berliner Tresorraub und die verschwundenen 49 Millionen Euro bringen.