Überholen mit dem Auto

Wer auf einer Straße mit Gegenverkehr zum Überholen ansetzt, muss die gesamte notwendige Strecke übersehen können. Dabei ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit eines möglicherweise entgegen kommenden Fahrzeugs einzubeziehen, stellte das OLG Hamm in seinem Urteil fest (A.Z.: 13 U 111/99). Grund der Entscheidung war eine Kollision zwischen einem Motorrad und einem Personenwagen in einer S-Kurve. Der beklagte Motorradfahrer hatte überholt und beim Wiedereinscheren den entgegenkommenden Wagen des klagenden Pkw-Fahrers gestreift. Nun ging es in erster Linie um die Frage, ob der Beklagte den Unfall allein schuldig verursacht hatte. Das Gericht hielt ihm einen schweren Fehler beim Überholen vor: Angesichts der gefahrenen Geschwindigkeit von jeweils rund 65 km/h hätte der Zweiradfahrer eine Wegstrecke von rund 200 bis 240 Meter überblicken müssen, um den Überholvorgang sicher beenden zu können. Tatsächlich konnte er wegen der Kurve aber maximal 100 Meter überschauen. Dem Pkw-Fahrer lasteten die Richter allerdings an, dass er in der Kurve nicht weit genug nach rechts gefahren war. Ein striktes Rechts fahren sei auf einem unübersichtlichen Teilstück zwingend notwendig, argumentierten die Richter. Angesichts der Konstellation bekam der Motorradfahrer zwei Drittel, der Pkw-Fahrer ein Drittel des Schadens auferlegt.

Möglichst frühzeitig sollte die zur Zahlung verpflichtete Versicherung auf die Rechtslage hingewiesen werden. Alle Schadensposten sollten geprüft, beziffert und ggf. geltend gemacht werden (Schmerzensgeld? Haushaltshilfeschaden?). Hilft auch dies nicht, ist Klage zu erheben. Was viele nicht wissen: die gegnerische Haftpflichtversicherung ist zur Übernahme der Kosten für die anwaltliche – auch außergerichtliche – Vertretung verpflichtet, wenn der Unfallgegner den Unfall verschuldet hat (§§ 249; 286 BGB). Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung tritt ebenfalls ein. Es muss also nicht immer gleich Geld kosten, auf sein Recht zu bestehen.