Thema Schmerzensgeld: Depression nach Unfall

Thema: Depression nach Unfall. Heute geht es um die Frage, was im Hinblick auf Schmerzensgeld passiert, wenn sich nach einem Verkehrsunfall Depressionen als Folge ausbilden. Teilweise werden von den Gerichten bekanntlich hohe Schmerzensgeldsummen zugesprochen, wenn die Unfallfolgen gravierend sind.

Eine interessante Entscheidung zur Frage von Unfallfolgen und insbesondere einer Depression hat das OLG Schleswig in seinem Urteil vom 21. 2. 2019 (Aktenzeichen 7 U 134/16) gefällt. Es ging in der Entscheidung um das Mitverschulden bei der Bemessung des Schmerzensgeldes und bei der Bestimmung des Verdienstausfalles bei Nichtbehandlung einer unfallbedingt erlittenen Depression.

Depression nach Unfall

Der Kläger erlitt als Motorradfahrer bei einem Unfall erhebliche Verletzungen. Seit seiner Geburt leidet er an einer genetisch bedingten Muskelatrophie. Der Grad seiner Behinderung beträgt 60 %. Nach der Krankenhausentlassung kam es zu gesundheitlichen Komplikationen und einer ausgeprägten depressiven Störung. Nach eigener Aussage wurde sogar ein Selbstmordversuch unternommen. Die psychosomatischen Beschwerden führten schließlich zur Arbeitsunfähigkeit und Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. In dem Rechtsstreit machte er weiteres Schmerzensgeld sowie den Ersatz seines Verdienstausfalles geltend.

Die beklagte Versicherung hat den Zusammenhang zwischen Unfall und körperlichen Verletzungen und der depressiven Störung bestritten. Und eine Verletzung der Schadensminderungspflicht darin gesehen, dass der Kläger seine depressiven Störungen zwei Jahre unbehandelt gelassen habe.

Das Landgericht sprach dem Kläger weiteres Schmerzensgeld in Höhe von € 10.000,- zu und den geltend gemachten Verdienstausfallschaden. Die Berufung des Klägers macht ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von weiteren € 10.000 geltend und wendet sich gegen Abstriche hinsichtlich des Verdienstausfallschadens. Schwerpunkt der Berufung der Beklagten (des Versicherers), die sich gegen die Höhe der zugesprochenen Beträge wendet, ist das von der Beklagten als anspruchskürzendes Mitverschulden gewertet Unterlassen der ärztlichen Behandlung der depressiven Störung.

Frage der Schmerzensgeldbemessung im vorliegenden Fall

Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg, die der Beklagten hingegen hatte teilweise Erfolg. Nach Auffassung des Gerichtes muss es bei der Schmerzensgeldbemessung Berücksichtigung finden, dass der Verletzte besonders anfällig ist und weitere unfallunabhängige Ursachen des schmerzensgeldrelevanten Geschehens sich auswirken. Dies obwohl „man keinen Anspruch darauf hat, einen Gesunden zu verletzen“.

Damit werde kein vorwerfbares Verhalten des Geschädigten sanktioniert. Vielmehr wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Haftung des Schädigers nicht gerechtfertigt ist, wenn bei der Entstehung der Schadensfolgen die Existenz des Schadensersatzanspruches als solche eine entscheidende Rolle gespielt hat. Denn es widerspreche den allgemeinen Grundsätzen, wenn der Schädiger für Schadensfolgen aufkommen muss, die zwar kausal auf dem Unfallgeschehen beruhen, bei denen aber ein „neurotisches Streben nach Versorgung und Sicherheitsprägung“ im Vordergrund steht. In solchen Fällen realisiert sich das allgemeine Lebensrisiko, nicht mehr das vom Schädiger zu tragende Risiko der Folgen einer Körperverletzung. Hierbei verwies das Gericht auf die einschlägige Rechtsprechung des BGH zu dieser Frage.

Zu berücksichtigendes Mitverschulden

Im vorliegenden Fall habe keinerlei psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung des Klägers seit 2013 mehr stattgefunden. Dies, obgleich ein verständiger Mensch in seiner Situation versucht hätte, die (mittlerweile chronifizierte) depressive Störung nach dem Stand der ärztlichen Wissenschaft behandeln zu lassen. Wenn solche Störungen aber länger als zwei Jahre unbehandelt bleiben, gewinnt der Umstand der unterlassenen Behandlungen dominierenden Einfluss auf die Chronifizierung. Sodann kommt es schadensrechtlich zu einem Mitverschulden, das auch zu berücksichtigen ist. Das Schmerzensgeld war also nach Auffassung des Gerichtes entsprechend zu kürzen. Entsprechende Rechtsprechung hierzu gibt es vom Bundesgerichtshof auch zur Frage des Abbruchs einer Therapie. Auch hier werden Kürzungen für zulässig gehalten. Einzelheiten sind aber wie immer im Rahmen der Beurteilung des Einzelfalles zu bemessen.

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