Sollte man eine Unfallregulierung ohne Rechtsanwalt versuchen? Klare Antwort: nein! Es gab mal eine Zeit, da wurde einem Geschädigten nach einem Unfall sein Schaden fair und zügig aus der Versicherung des Verursachers ersetzt.
Diese Zeiten sind leider vorbei.
Es ist schon unglaublich, wie heutzutage die Versicherer versuchen, systematisch die Ansprüche von Geschädigten zu kürzen – und zwar meist zu Unrecht. Dies führt zu einer Situation, in der selbst bei vermeintlich eindeutigen Unfallkonstellationen (z.B.: Auffahrunfall) kein Privater mehr einen Unfallschaden ersetzt bekommt, ohne mit einer Vielzahl von Kürzungen (z.B.: bei der Anspruchshöhe) konfrontiert zu werden. Ohne Rechtsanwalt läuft nichts, so kann man es schon sagen.
Der Beleg hierfür: Die Gerichte halten inzwischen auch bei simpelsten Unfallkonstellationen die Beiziehung eines Anwaltes auf Seiten des Geschädigten für erforderlich und sprechen die Kosten hierfür als Teil des Schadens zu. DENN: Die Gerichte haben erkannt, dass man ohne Rechtsanwalt dem Versicherer gegenüber machtlos ist und finanziell beschnitten wird. Folge: der Schädiger muss dem Geschädigten den Anwalt bezahlen.
Sie glauben das nicht? Hier einige Urteile zum Thema, jeweils mit Kernsatz:
AG Eisenach, Urteil vom 17.11.16 (A.Z.: 57 C 175/16):
„Angesichts der mittlerweile herrschenden Regulierungs- respektive Nichtregulierungspraxis der Automobilversicherungswirtschaft, bei der sich die den Beklagten in Deutschland vertretende Versicherung amtsbekannt in besonderem Maße hervortut, stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch einfach gelagerte Verkehrsunfälle gibt“.
Schön, oder? Anmerkung: Es handelte sich um die HUK-Coburg.
Oder hier, OLG Frankfurt, Urteil vom 1.12.14 (A.Z.: 22 U 171/13):
„Auch bei einfachen Verkehrsunfallsachen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts von vornherein als erforderlich anzusehen. Gerade die immer unüberschaubarere Entwicklung der Schadenspositionen und der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten, Stundenverrechnungssätzen u.Ä. lässt es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln“
Das AG Bielefeld meint hierzu (Urteil vom 3.5.17, A.Z.: 411 C 37/17):
„Da die Rechtsprechung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen unübersichtlich geworden ist, berechtigt nahezu jeder Verkehrsunfall den Geschädigten, sich anwaltlichen Beistand zu nehmen. Dies gilt auch, wenn der Geschädigte im wirtschaftlichen Verkehr tätig ist.“
Ein letztes Beispiel noch, LG Kassel, Beschluss vom 28.1.16 (A.Z. 1 S 309/15):
„Aufgrund der ausdifferenzierten Rechtsprechung zu den Schadenspositionen gibt es den ex-ante „Einfach gelagerten Fall“ praktisch nicht mehr.
Die Reputation als Ansprechpartner im Schadensfall ist den meisten Versicherern inzwischen egal. Es geht nur noch um Kosteneinsparung. Lassen Sie sich nicht in Ihren Rechten beschneiden!