Auf dem Gebiet des Verkehrsrechts geht es entweder um Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, oder Verkehrsunfälle. Sehr häufig höre ich die Frage: Muss ich zum Gericht erscheinen?
I.
Im Zivilrecht (also bei Ansprüchen aus einem Unfallgeschehen) kann sich der Beteiligte als Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Anders nur, wenn er als Zeuge geladen wird, dann muss er erscheinen. gleiches gilt, wenn er als Partei angehört werden soll.
II.
Im Strafrecht besteht, was viele nicht wissen, häufig ebenfalls keine Erscheinenspflicht. Und zwar dann, wenn zunächst ein Strafbefehl erging. Dies folgt aus § 411 II StPO, der lautet:
§ 411
Verwerfung wegen Unzulässigkeit; Termin zur Hauptverhandlung
(1) 1Ist der Einspruch verspätet eingelegt oder sonst unzulässig, so wird er ohne Hauptverhandlung durch Beschluß verworfen; gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. 2Andernfalls wird Termin zur Hauptverhandlung anberaumt. 3Hat der Angeklagte seinen Einspruch auf die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe beschränkt, kann das Gericht mit Zustimmung des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden; von der Festsetzung im Strafbefehl darf nicht zum Nachteil des Angeklagten abgewichen werden; gegen den Beschluss ist sofortige Beschwerde zulässig.
(2) 1Der Angeklagte kann sich in der Hauptverhandlung durch einen Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht vertreten lassen. 2§ 420 ist anzuwenden.
(3) 1Die Klage und der Einspruch können bis zur Verkündung des Urteils im ersten Rechtszug zurückgenommen werden. 2§ 303 gilt entsprechend. 3Ist der Strafbefehl im Verfahren nach § 408a erlassen worden, so kann die Klage nicht zurückgenommen werden.
(4) Bei der Urteilsfällung ist das Gericht an den im Strafbefehl enthaltenen Ausspruch nicht gebunden, soweit Einspruch eingelegt ist.
II.
In Ordnungswidrigkeitenverfahren muss der Beschuldigte grundsätzlich nicht selber am Gerichtstermin teilnehmen. Er kann sich vielmehr durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Allerdings muss ein entsprechender Antrag auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen gestellt werden. Das OLG Zweibrücken hat in seinem Beschluss vom 17.11.2017 (Aktenzeichen 1 OLG 2 Ss BS 40/17) hierzu jedoch klargestellt, dass der Antrag des Betroffenen von der Erscheinenspflicht keiner Form bedarf. Es reiche grundsätzlich aus, wenn der Betroffene in ein Schriftstück zum Ausdruck bringt, dass er nicht erscheinen möchte.
Verwirft das Amtsgericht sodann den Einspruch, wegen angeblich unentschuldigten Nichterscheinens, so handelt es sich um eine rechts fehlerhafte Verwerfung. Diese stellt nach Ansicht des OLG Zweibrücken nicht nur einen Verstoß gegen einfaches Verfahrensrecht, sondern wegen der dadurch unterbliebenen Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Betroffenen in der Sache selbst auch eine Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Grundrechts auf rechtliches Gehör. Dabei bedarf der Antrag des Betroffenen auf Entbindung von der Pflicht zum Erscheinen in der Haupthandlung keiner Form. Es reicht grundsätzlich aus, wenn er dieses Bestreben in einer verständlichen Form äußert.
Wie man sieht, kann eine Verteidigung in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren auch dann erfolgen, wenn der Betroffene nicht persönlich bei Gericht erscheinen möchte. Was viele ebenfalls nicht wissen: durch die Einspruchseinlegung darf nur zugunsten des Betroffenen von dem Inhalt des Bescheides abgewichen werden. Man sieht: der Betroffene kann nur gewinnen. Sofern eine Verkehrsrechtsschutzversicherung besteht, übernimmt diese alle Kosten, auch die Gebühren des Rechtsanwaltes.