Urteile: Geschwindigkeitsmessungen nicht verwertbar

In letzter Zeit hat es einige hochinteressante Urteile zu Fragen der Verwertbarkeit von Geschwindigkeitsmessungen in Ordnungswidrigkeitenverfahren gegeben. Einige Autofahrer mussten ihren Führerschein nicht abgeben. Hier eine Zusammenstellung der vier wichtigsten Urteile.

1.) Verfahrenseinstellung aufgrund eines Brückenabstandsmessverfahrens
Das Amtsgericht Hannover hat durch Beschluss vom 07.12.2009 – 246 OWi 7351 Js 85292/09 (279/09) – ein Verfahren wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes, der im Rahmen eines Brückenabstandsmessverfahrens festgestellt worden war, mit der Begründung eingestellt, dass auch das anlassbezogene Anfertigen von Beweisfotos unzulässig ist, da es hierfür an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt. Es liegt nach Auffassung des Amtsgerichts Hannover hierdurch ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor.

2.) Poliscanspeed Messverfahren genügt rechtsstaatlichen Anforderungen (noch) nicht
Das Amtsgericht Mannheim schließt sich in seinem rechtskräftigen Urteil vom 02.12.2009 – Geschäftsnummer: 29 Owi 504 Js 16925/2009 AK 567/2009 – der Auffassung des Amtsgerichts Dillenburg, das einen mit diesem Messgerät gemessenen Autofahrer freigesprochen hatte, an. Es empfiehlt dem Hersteller des Gerätes, das den rechtsstaatlichen Anforderungen noch nicht genügende Poliscanspeed Messverfahren auf den Stand der Technik nachzurüsten, um dem Sachverständigen eine nachträgliche Richtigkeitskontrolle zu ermöglichen. Das Amtsgericht Mannheim begründet seine Entscheidung damit, dass jeder Bürger, der seit dem 01.02.2009 zum Teil drastisch erhöhte Bußgelder für Geschwindigkeitsübertretungen zahlen muss, einen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf die nachträgliche Richtigkeitskontrolle der ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretung hat. Da dies momentan bei Messungen des Poliscanspeed Verfahrens nicht gegeben ist, hat das Amtsgericht Mannheim den Betroffenen freigesprochen.

3.) Verfahrenseinstellung aufgrund einer Messung durch eine Provida 2000-Anlage
Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel hat durch Beschluss vom 14.12.2009 – 24 OWi 4103 Js – Owi 60037/09 (631/09) – das Verfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch eine Provida 2000-Anlage festgestellt worden war, im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 eingestellt, da die Messmethode nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben keine Rechtsgrundlage hat.

4.) Verfahrenseinstellung aufgrund einer Messung mit der Geschwindigkeitsmessanlage Typ ES 1.0
Das Amtsgericht Eilenburg hat durch Beschluss vom 14.01.2010 – Az: 5 Owi 253 Js 60098/09 – ein Bußgeldverfahren eingestellt, bei dem die Geschwindigkeitsüberschreitung mit der Geschwindigkeitsmessanlage Typ ES 1.0 festgestellt worden war. Das Gericht sieht in der Aufzeichnung des Verkehrsteilnehmers einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, der ohne gesetzliche Grundlage ein Beweiserhebungsverbot darstellt. Aus diesem Beweiserhebungsverbot folgt nach Ansicht des Amtsgerichts Eilenburg auch ein Beweisverwertungsverbot, da ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Täters ohne gesetzliche Grundlage einen gravierenden Verfahrensverstoß darstellt.