Verkehrsunfall – mehr Ansprüche

Das weiß jeder: nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall können der Sachschaden an dem PKW und bei Verletzungen Schmerzensgeld gefordert werden. Weniger bekannt sind die nachfolgenden Schäden. Auch diese Ansprüche sollten von Anfang an Geltend gemacht werden, denn bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen muss die gegnerische Haftpflichtversicherung zahlen. Die Aufzählung ist nicht abschließend.

Haushaltsführungsschaden

Egal ob eine Ehefrau, ein Ehemann oder ein Alleinstehender verletzt wird: Bei Minderung der haushaltsspezifischen Erwerbsfähigkeit kann ein Anspruch auf Ersatz des sogenannten Haushaltsführungsschaden bestehen. Maßgeblich für den Umfang des Anspruches ist die tatsächlich vor dem Unfall geleistete Arbeit, nicht etwa die rechtlich geschuldete (vgl. u.a. BGH NJW 74, 1631, OLG Frankfurt, VersR 92, 981). Wichtig: Selbst wenn eine Ersatzkraft tatsächlich nicht beschäftigt wird, kann ein Großteil des Bruttolohnes einer vergleichbaren Ersatzkraft abgerechnet werden, wobei hier pauschalierte Tabellenbeträge herangezogen werden (vgl. u.a. BGH NZV 88, 60). So konnte im Falle einer Hausfrau, die vier Stunden täglich im Haushalt arbeitete und hieran für 131 Tage gehindert war, ein Betrag von immerhin € 3800,00 erlangt werden.

Sachverständigenkosten
Wie hoch ist überhaupt der Unfallschaden an meinem PKW? Um diese Frage beantworten zu können, muss in der Regel das Fahrzeug des Geschädigten durch einen Sachverständigen begutachtet werden. Es hat dann der Geschädigte auch grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der hier entstehenden Gebühren und die Versicherung kann sich hier nicht „quer stellen“. Die Kosten für die Erstellung dieses Gutachtens sind nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vollwertige Schadensposten und damit ersatzfähig (vgl. BGH NJW 1974, S. 35). Der Geschädigte in Kfz – Unfallsachen darf sogar dann einen Sachverständigen hinzuziehen, wenn der Schädiger bereits einen solchen beauftragt hat (KG OLGZ 77, S. 317). Eine Ausnahme hiervon besteht nur für sogenannte „Bagatellschäden“ bis € 500,-. Nach einem Unfall kann man also einen Gutachter beauftragen und dessen Kosten der gegnerischen Versicherung in Rechnung stellen.

Ab- und Ummeldkosten
Musste das beschädigte Fahrzeug abgemeldet werden und das neue Auto wieder angemeldet werden, so müssen die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten ersetzt werden. Hierbei werden die konkret entstandenen Kosten – soweit diese auch nachgewiesen werden – erstattet. Ohne einen solchen Nachweis werden die Kosten pauschal auf € 40,00 bis 75,00 geschätzt.

Abschleppkosten
Ist ein Fahrzeug aufgrund des Unfalls fahrunfähig geworden, so sind die Abschleppkosten in angemessenem, zur sachgemäßen Reparatur notwendigem Umfang zu erstatten. Ist das Fahrzeug jedoch zweifelsfrei nicht mehr zu reparieren, so genügt eine Abschleppen zur nächsten Werkstatt oder zum Abstellplatz, wobei dann nur diese Kosten erstattet werden.

Beschädigte Gegenstände im Fahrzeuginnern
Wurde durch den Unfall Kleidung oder beispielsweise im Kofferraum befindliche Gegenstände (Fotoapparat, Brille etc.) beschädigt, so sind diese ebenfalls voll zu ersetzen. Hierbei ist der Wiederbeschaffungswert anzusetzen, d.h. die Summe, die man für die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzes bezahlen müsste. Dies ist regelmäßig der Geldbetrag, der ursprünglich für den Gegenstand bezahlt wurde.

Verdienstausfall
Sofern der Geschädigte durch den Unfall Verdienstausfälle hatte, sind diese vom Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung zu bezahlen (u.a. BGHZ 68, 219). Der Geschädigte muss in diesem Fall die jeweiligen Einbußen nachweisen und belegen.

Pauschale für Aufwand
Zusätzlich kann der Geschädigte eine Aufwandspauschale, die in der Regel zwischen € 20,00 und 25,00 liegt, beanspruchen (OLG Hamm VersR 97, 640). Diese muss nicht weiter begründet werden und wird von den Versicherungen auch anstandslos bezahlt.

Wie man sieht, gilt es bei der vollständigen Abwicklung eines Verkehrsunfalls einiges zu beachten. Fehler können bares Geld kosten. Daher sollte sich der Geschädigte frühzeitig Rechtsrat einholen oder sich vertreten lassen. Wenn eine Rechtsschutzversicherung besteht, ist dies kostenlos

Der Verfasser dieses Artikels ist Rechtsanwalt Dr. Henning Karl Hartmann, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV).
Die Kanzlei Dr. Hartmann & Partner betreibt Büros in Berlin und Oranienburg (Tel. 03301 – 53 63 00).