Führerschein und Geschwindigkeit: Vorsicht bei dem Vorsatz-Vorwurf

Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit: ab 40 % Vorsatz

Immer wieder geht es im Verkehrsrecht um Fahrverbot und Bußgeld. Wenn bei einer Übertretung im Straßenverkehr vorsätzliches Handeln nachgewiesen wird, kann die Ahndung der Tat, also das Bußgeld, höher ausfallen. Hierbei kann nach Auffassung der Gerichte der Grad der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein starkes Indiz für vorsätzliches, also bewusstes Handeln sein.

Und das bedeutet konkret: Es ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorbeiziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 % überschritten wird. Bei einer solchen Geschwindigkeitsüberschreitung handelt vorsätzlich, wer die Geschwindigkeitsbeschränkung kannte und bewusst dagegen verstoßen hat. In dem von dem OLG Hamm entschiedenen Fall (Beschluss vom 10.5.2016, Aktenzeichen 4R BS 91/16) war die innerörtliche Geschwindigkeit aufgrund der im Urteil festgestellten Beschilderung bekannt. Der Fahrer überschritt die zulässige Höchstgeschwindigkeit vorliegend sogar um 50 km/h und überholte hierbei ein anderes Fahrzeug.

Die genannte 40 % Grenze gilt jedoch nicht durchgehend. Bei Geschwindigkeiten über 100 km/h kann von einem höheren prozentualen Ansatz auszugehen sein. Zudem muss bei Verstößen außerorts noch die Problematik des erkennbaren Verkehrszeichens beachtet werden. In diesen Fällen ist ein entsprechender Vortrag des Betroffenen bzw. seines Verteidigers erforderlich, um die indizierte Vorsätzlichkeit zu entkräften.

Verteidigung kann den Führerschein retten

Wenn die Verteidigung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht erfolgt, kann oftmals der Führerschein gerettet werden. So kann z.B. bei Ortsunkundigkeit und / oder schlechter Erkennbarkeit des Verkehrsschildes ein sogenanntes Augenblicksversagen vorliegen. Dies hat der BGH bereits am 11.9.1997 entschieden (NZV 97, 525 = DAR 97, 450). Fehlt es nämlich subjektiv an einer besonders verantwortungslosen Verhaltensweise, wird von der Rechtsprechung nicht davon ausgegangen, dass die Verhängung eines Fahrverbotes zur Einwirkung auf den Betroffenen erforderlich ist.

Zeitablauf, Sachverständigengutachten und Rechtsschutzversicherung

Auf einen weiteren Aspekt ist hinzuweisen. So ist der Zeitablauf bei einem Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren von maßgeblicher Bedeutung. Wenn nämlich nach dem Tatzeitpunkt eine bestimmte Zeitspanne ins Land gegangen ist (die Gerichte gehen hier von Plus / Minus zwei Jahren aus) kann ebenfalls kein Fahrverbot mehr verhängt werden (vgl. u.a. OLG Bamberg, Beschluss vom 10. März 2011 – 2 Ss OWi 1899/10). Einzelheiten hierzu finden Sie u.a. unter: http://blog.burhoff.de/2012/08/fahrverbot-absehen-nach-einem-zeitablauf-von-zwei-jahren-nur-wann/

Insbesondere die Beantragung eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung kann hier erheblich Verfahrensverlängernd wirken. Und an dieser Stelle kommt das Bestehen einer Verkehrsrechtsschutzversicherung ins Spiel. Wenn eine solche nämlich vorliegt, kann bedenkenlos von der Verteidigung ein entsprechender Antrag gestellt werden – ohne, dass der Betroffene ein Kostenrisiko trägt.

Im Zweifel sollte der Betroffene sich frühzeitig von einem Fachanwalt für Verkehrsrecht / Strafrecht beraten lassen.

 

 

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