Es liegt im Rahmen des dem Tatrichter beim Amtsgericht zustehenden Ermessensspielraums, ein einmonatiges Regelfahrverbot bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a StVG (Verstoß gegen die 0,5-Promille-Grenze) aufzuheben und durch eine Verdreifachung des Regel-Bußgeldsatzes gemäß § 4 IV BKatV zu kompensieren, wenn zur Überzeugung des Tatrichters die Beweisaufnahme ergibt, dass dem Betroffenen als Handelsvertreter durch ein Fahrverbot der Verlust seiner beruflichen Existenz droht.
Durch dieses Urteil hat das Amtsgericht Hof in Bayern (A.Z. 11 OWi 261 Js 3895/06) in einem Fall zugunsten des Autofahrers entschieden, in dem dieser mit 0,62 Promille Alkohol am Steuer erwischt worden war. Der Betroffene hatte fristgemäß Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt. Es lagen zwei Voreintragungen in Flensburg vor.
Der Betroffene führte aus, er müsse 6000 Kilometer im Monat mit seinem Fahrzeug fahren. Er sei beruflich auf den Führerschein angewiesen. Für den Fall der Anordnung eines Fahrverbotes drohe ihm der Arbeitsplatzverlust. Familienangehörige könnten ihn nicht fahren, da diese selbst zeitlich verhindert seien. Auch Urlaub konnte nicht in ausreichendem Umfang genommen werden. Daraufhin hat das Gericht ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen, obwohl diese gem. § 25 I StVG an sich der Regelfall ist. Dies stützte das Gericht auf die konkret vorgetragene Existenzgefährdung, zu der es bei dem Betroffenen kommen würde, wenn er nicht mehr Auto fahren kann. Im Hinblick auf die beiden Voreintragungen hat das Gericht aber eine erheblich erhöhte Geldbuße, nämlich auf € 750,- angesetzt.
Damit war der Fall aber noch nicht beendet. Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsbeschwerde zum OLG Bamberg ein. Diese wurde jedoch als unbegründet verworfen (A.Z. dort: 2 Ss OWi 1049/06). Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils habe keinen Rechtsfehler ergeben, die Rechtsfolgenentscheidung halte sich im Rahmen des dem Amtsrichter zustehenden Ermessensspielraums.
Der Autofahrer konnte also seinen Führerschein behalten.
Der Verfasser dieses Artikels ist Rechtsanwalt Dr. Henning Karl Hartmann, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV).
Die Kanzlei Dr. Hartmann & Partner betreibt Büros in Berlin und Oranienburg (Tel. 03301 – 53 63 00).