Alkohol am Nachmittag: grobe Fahrlässigkeit!

Ein recht interessantes Urteil zum Thema Alkohol am Nachmittag (15 bis 19 Uhr) hat das Amtsgericht Dippoldiswalde am 18.9.13 gefällt (A.Z.: 1 C 270/13). Der Kläger begehrte nach einem Verkehrsunfall Zahlung von seiner Vollkaskoversicherung, nachdem ihn – so seine Behauptung – beim Durchfahren einer Linkskurve ein Fahrzeug, welches gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen habe und somit auf der Fahrspur des Klägers diesem entgegen kam, zu einem Ausweichmanöver gezwungen habe. Er habe eine Kollision nur durch Ausweichen nach rechts vermeiden können. Danach sei er nach rechts von der Fahrbahn abgekommen. Der Kläger behauptete weiterhin, seine Alkoholisierung habe sich auf den Unfall nicht ausgewirkt. Dies habe mit dem Unfall nichts zu tun. Dennoch kürzte der Versicherer seine Leistungen, und zwar aus folgendem Grund:

Tatsächlich hatte der Kläger nämlich in der Zeit von 15.30 Uhr bis 19.15 Uhr drei oder vier große Bier getrunken, wie die Beweisaufnahme ergeben hatte. Direkt im Anschluss an das letzte Bier hatte der Kläger die verhängnisvolle Fahrt angetreten.

Der Alkoholgenuss hatte zunächst strafrechtliche Konsequenzen: wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr wurde er zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 50,- Euro verurteilt. Eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis wurde auf weitere drei Monate festgesetzt, damit waren es insgesamt knapp neun Monate, die der Kläger auf seine Fahrerlaubnis verzichten musste. Aber dies war nur das Randgeschehen für die hier interessierende Rechtsfrage.

Die Umstände der Trunkenheitsfahrt wirkten sich nämlich auch auf die Abrechnung mit der Vollkaskoversicherung aus. Diese war der Auffassung, dass vorliegend eine sogenannte relative Fahruntüchtigkeit vorgelegen habe. Denn die Rückrechnung des Blutalkoholwertes führe zu einer Konzentration von 1,07 Promille Alkohol im Blut. Und da der Kläger nicht habe beweisen können, dass ihn ein anderes Fahrzeug (also der ominöse Entgegenkommer) von der Fahrbahn abgedrängt hat, müsse es bei dem Abkommen von der Fahrbahn durch den Kläger zu einem alkoholbedingten Fahrfehler gekommen sein. Eine Fremdeinwirkung sei eben nicht nachgewiesen, womit es bei dem Anscheinsbeweis verbleibe, dass der Kläger das Abkommen von der Fahrbahn selber verschuldet habe. Dieser Fahrfehler im Zusammenspiel mit der Blutalkoholkonzentration von 1,07 Promille führe zu der Annahme von relativer Fahruntüchtigkeit.

Und nun zu den Folgen in diesem Zivilrechtsstreit. Hier ging es ja gar nicht mehr um die Frage der Strafbarkeit, sondern um die Frage, in wie weit die Vollkaskoversicherung die Zahlungen an den Kläger kürzen durfte. Antwort: um 70%, nach Auffassung des Amtsgerichts Dippoldiswalde. Das Trinkverhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Fahrfehler rechtfertige eine solche Kürzung. Die Versicherung hatte zuvor eine Kürzung um 80% gefordert. Nun muss sich der Kläger also mit Zahlungen von (immerhin) 30% seiner Schadenssumme zufrieden geben.

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