Beleidigung von Polizisten

„Seids ihr no ganz dicht?“ und „Scheibenwischer“- Geste gegenüber Polizeibeamten stellen keine Beleidigung dar. So ein aktuelles Urteil.

Wegen des Vorwurfs der Beleidigung („Seids ihr no ganz dicht?“ und „Scheibenwischer“- Geste gegenüber den Polizeibeamten) in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis musste sich ein Landwirt vor dem Amtsgericht Landshut (Urteil v. 26.03.2024, Az.: 11 Ds 407 Js 30611/23) und dem Landgericht Landshut (Urteil v. 27.05.2024, Az.: 5 NBs 407 Js 30611/23) verteidigen.

„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“. Dieses Zitat vom großen Friedrich Schiller trifft den Nagel im folgenden Fall fast auf den Kopf. Denn laut der Zeugenaussagen der Nachbarn soll der Angeklagte im Jahr 2023 mit seinem Pkw auf „nicht näher bestimmbaren“ Verkehrsraum in seinem Wohngebiet gefahren sein, obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht (mehr) besaß. Der Nachbar des Angeklagten und dessen Ehefrau traten deshalb als Zeugen vor Gericht auf und erklärten, dass sie von ihrem Anwesen aus den Angeklagten wiederholt dabei beobachtet hätten, wie er mit seinem Pkw von seinem Grundstück aus in den öffentlichen Straßenverkehr gefahren bzw. vom öffentlichen Verkehr aus wieder auf sein Grundstück gefahren sei. Diese Aussagen bestritt der Angeklagte. Er erklärte, dass er lediglich auf seinem eigenen Hof mit seinem Pkw oder seinen landwirtschaftlichen Maschinen gefahren sei. Außerdem wand der Angeklagte ein, dass er es für sehr unwahrscheinlich halte, dass die Nachbarn von deren Grundstück aus hätten einsehen können, ob der Angeklagte nur auf seinem Hof oder in den öffentlichen Verkehr fahre. Dass die Polizeibeamten am Tattag einfach auf sein Grundstück fuhren, ärgerte den Angeklagten. Er habe wissen wollen, was das soll. An die Worte „Seids ihr no ganz dicht?“ und die „Scheibenwischer“ – Geste erinnerte sich der Landwirt nicht.

Der Angeklagte wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten und eine isolierte Sperrfrist für die Fahrerlaubnis von achtzehn Monaten sowie die Einziehung des Fahrzeuges verurteilt. Dagegen ging er in Revision (Verfahrensrügen und Rüge der Verletzung materiellen Rechts).

Die Revision vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG, Beschluss v. 14.10.2024, Az.: 206 StRR 343/24) wurde zugelassen und hatte hinsichtlich der Beleidigung gegenüber Polizeibeamten Erfolg: diese Verurteilung wurde aufgehoben. Die Richter des BayObLG hielten die Äußerung des Angeklagten nicht für eindeutig beleidigend. Sie konnten nicht ausschließen, dass der Landwirt vielmehr seinen Unmut über das allgemeinen Vorgehen der Polizeibeamten kundtat und nicht die Beamten persönlich habe verächtlich machen (beleidigen) wollen.

Hinsichtlich des Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde die Revision jedoch verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Dafür muss sich der Landwirt verantworten.


Dr. Henning Hartmann
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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