Blitzermarathon am 16.04.2013 – Verkehrserziehung oder Bußgeld-Abzocke

Geschwindigkeitsmessungen in Berlin und Brandenburg weiter stark zunehmend
Geschwindigkeitskontrollen im Straßenverkehr nehmen in Berlin und auch im Landkreis Oberhavel weiter stark zu. Aber nicht nur die Polizei blitzt. Auch die Ordnungsämter (z.B. jenes der Stadt Hennigsdorf) haben durch die Anschaffung eigener Messgeräte „aufgerüstet“ und führen nun in Eigenregie Messungen durch. Die Investition in diese Geräte ist in kurzer Zeit refinanziert, und zwar durch die eingenommenen Bußgelder.

Dabei zeigt sich neuerdings immer wieder, dass die Messungen oft nicht durch ordnungsgemäß geschultes Personal durchgeführt werden oder an anderen Verfahrensfehlern leiden. Das Ergebnis: die Messung ist häufig angreifbar.

Blitzermarathon – Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Das Nachrichtenmagazin „Focus“ sprach allerdings erstmals von staatlich geplanter Abzocke. Ist ein solcher Blitzermarathon nun Fluch oder Segen? Einige Beobachtungen aus der Begleitung der Ordnungswidrigkeitenverfahren geben durchaus zu denken. Wie zum Beispiel folgende Situation im Saal des Amtsgerichtes Oranienburg: Der „geblitzte“ Beschuldigte erklärte in einem von dem Verfasser dieses Artikels geführten Verfahrens, von ihm sei keine Verkehrsgefährdung ausgegangen; seiner Meinung nach habe das Messgerät (Laser) an dieser Stelle nur aus fiskalischen Gründen gestanden, also auf gut Deutsch zur Bußgeld-Abzocke. Daraufhin zuckte die Richterin die Achseln und erwiderte: „Na und, ist das etwas Neues?“ Die Beitreibung von Bußgeldern im Straßenverkehr (auch durch Blitzermarathons) wird also als Einkunftsquelle des Staatssäckels akzeptiert, ohne dass die Verkehrssicherheit als Argument überhaupt noch vorkommt.

Nun kann man resigniert die Auffassung vertreten, dass man eh in allen Lebensbereichen zur Kasse gebeten wird, warum nicht auch im Straßenverkehr, und warum nicht auch durch einen Blitzermarathon. Und doch lauert hier nach meiner Auffassung eine große Gefahr. Und zwar aus folgendem Grund.

Wird man von der Polizei bei dem Übertreten einer Vorschrift angetroffen, gleich ob bei einer roten Ampel oder im Rahmen eines Blitzermarathons, sollte die Ahndung die Wirkung eines Denkzettels haben. Man soll möglichst zu der Einsicht kommen, dass man sein Verhalten, z.B. zu schnelles Fahren, zum Vorteil aller möglichst schnell ändert. Dies und nichts anderes ist der Sinn von Bußgeldern. Wenn die Polizeibeamten sich nun nicht mehr in der Rolle des (letztendlich hilfreichen) Mahners, sondern – aus Sicht des Betroffenen – nur noch des Abkassierers im Rahmen eines Blitzermarathons wieder finden, ändert sich auch die Reaktion des Bürgers. Er wird sein Verhalten nicht überdenken, sondern nur noch nach Wegen suchen, die Strafe zu umgehen. Der Staat beraubt sich einer seiner wichtigsten Autoritäten.

Die Konsequenz: Blitzer-Apps, Radarwarngeräte, mitlaufende Parkscheiben usw. haben Hochkonjunktur. Es gibt Autofahrer, die sich nur noch vermummt ans Steuer setzen, um ein identifizierbares Foto zu verhindern. Ich frage – kann das der richtige Weg sein?

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Der Verfasser dieses Artikels ist Rechtsanwalt Dr. Henning Karl Hartmann, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV).Die Kanzlei Dr. Hartmann & Partner betreibt Büros in Berlin, Bielefeld und Oranienburg (Tel. 03301 – 53 63 00