EU-Führerschein gültig: Umtausch in deutschen Führerschein möglich?

Ein ausländischer EU-Führerschein, egal ob er aus Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien oder einem anderen EU-Land stammt, hat grundsätzlich in Deutschland Gültigkeit. Diese Tatsache hat insbesondere für diejenigen Deutschen maßgebliche Bedeutung, die in Deutschland keinen Führerschein bekommen, weil sie die MPU nicht bestehen. Mit einem ausländischen EU-Führerschein darf grundsätzlich auch in diesen Fällen in Deutschland gefahren werden. Sodann stellt sich die Frage: Ist ein Umtausch oder eine Umschreibung des EU-Führerscheins in einen deutschen Führerschein möglich?

Aber der Reihe nach. Maßgebliche Rechtsquelle ist für die folgenden Überlegungen die Bestimmung der Führerscheinrichtlinie, die sich die Europäische Union gegeben hat. Die durch die Richtlinie 2006/126/EG v. 20.12.06 (sog. dritte Führerscheinrichtlinie) getroffenen Bestimmungen. Als Grundsatz ist sowohl in Art. 1 II der Zweiten Führerschein-Richtlinie, als auch in Art. 2 I der Dritten die gegenseitige Anerkennung der in einem Mitgliedsstaat der EU erteilten Fahrerlaubnisse verankert. Der EuGH bestärkte in zahlreichen Entscheidungen, auf die im folgenden Bezug genommen wird, den Grundsatz der Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung als klar formulierte Verpflichtung. Kernsatz: Es kann einer im EU-/EWR-Ausland erworbenen Fahrerlaubnis (in der Richtlinie ist allerdings immer die Rede von „Führerschein“) nicht schon deshalb die Anerkennung (auch) für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweigert werden, weil gegen den Inhaber zuvor eine Führerscheinmaßnahme wie die Entziehung der Fahrerlaubnis ergangen ist (Maßnahme nach Art. 11 IV der Richtlinie 2006/126/EG).

Der Europäische Gerichtshof hat dies in nunmehr elf Entscheidungen bestätigt. Eine entgegen stehende deutsche Rechtspraxis ist unzulässig. Wie z. B. in der Sache „Hofmann“ (EuGH, Urtl. v. 26.4.12 – C-419/10, juris, Rn 50f., 65 und 85 = NJW 2012, S. 1935) hat er, der EuGH, klargestellt, dass die häufig anzutreffende Praxis der Deutschen Behörden, EU-Führerscheine aus dem Ausland nicht anzuerkennen, gegen den unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz verstößt, sofern sie sich nicht auf Fälle erstreckt, in denen die Fahrerlaubnis innerhalb einer laufenden Sperrfrist erteilt worden ist. Es ist Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats, zu prüfen, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenigen hinsichtlich der Fahreignung und des Wohnsitzes, erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist (EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008, verb. Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann/Funk, Slg. 2008, S. I-4635, Rn. 52). Wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen EU-Führerschein ausgestellt haben, sind die anderen Mitgliedstaaten somit nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen.

Dies bedeutet, dass Verfahren, die gegen den Inhaber eines gültigen EU-Führerscheins wegen des Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) eingeleitet werden, eingestellt werden müssen. Dies geschieht auch regelmäßig. In meiner Rechtspraxis stellt der Mandant im Anschluss an ein solches (gewonnenes) Verfahren sehr häufig die Frage, ob denn der ausländigsche EU-Führerschein nun gegen einen deutschen Führerschein eingetauscht bzw. in einen solchen umgeschrieben werden kann. Hier die Antwort: nein. Denn für die Erlangung eines deutschen Führerscheins wäre in den Fällen, in denen die MPU vor Wiedererteilung von der Behörde gefordert werden kann, auch die Absolvierung einer solchen MPU erforderlich. Kurz gesagt: Fahren mit dem ausländischen EU-Führerschein in Deutschland ja, Umschreibung in einen deutschen Führerschein nein.

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