Fahrverbot und Zeitablauf

Immer wieder wird gestritten um Fahrverbote. Dies überrascht nicht, benötigen doch viele Bürger ihren Führerschein dringend aus beruflichen Gründen. Ein Fahrverbot kann damit existenzielle Bedeutung haben. Weiterhin verhängen die deutschen Gerichte die Verbote immer häufiger.  Doch man kann sich wehren, und zwar auf unterschiedlichen Wegen.

Nach der Rechtsprechung der deutschen Gerichte kann ein solches Fahrverbot nicht mehr verhängt werden, wenn nach der Tat ein längerer Zeitraum bis zum Urteil vergeht, weil dann die Strafe nicht mehr „auf dem Fuß folgt“ und daher der erzieherische Zweck fehlt. So wie in diesem Fall: der Betroffene war im September 2015 auf einer Bundesstraße unterwegs, wobei im Prozess nachgewiesen wurde, dass Geschwindigkeit von mindestens 106 km/h gefahren wurde, obwohl an dieser Stelle die Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h begrenzt gewesen war. Im März 2017 war er vom zuständigen Amtsgericht wegen fahrlässigen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h zu einer Geldbuße von 100,- EUR verurteilt worden und es wurde gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat verhängt. Gegen dieses Urteil ging der Betroffene in die Rechtsbeschwerde, mit der er u.a. vorbringt, wegen des langen Zeitablaufs seit der Tatbegehung sei von der Verhängung des Fahrverbotes abzusehen.

Dies ist ein durchaus übliches Mittel bei der Verteidigung gegen ein Fahrverbot. Schließlich kann durch Anträge und Rechtsbehelfe u.U. das Verfahren erheblich verzögert werden. Das OLG Zweibrücken verwarf in seiner Entscheidung vom 13.11.2017 (Az.: 1 OWi 48/17) die Rechtsbeschwerde und führte aus, dass der Zeitablauf seit der Tatbegehung im September 2015 der Verhängung eines Fahrverbots nicht entgegenstehe. Wann bei einer langen Verfahrensdauer wegen des Zeitablaufs allein oder zusammen mit anderen Umständen die Verhängung eines Fahrverbots nicht mehr in Betracht komme, sei eine Frage des Einzelfalls. Nach verbreiteter Ansicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung könne ab einer Grenze von ca. zwei Jahren der erzieherische Sinn und Zweck der Maßregel zweifelhaft sein, wenn der lange Zeitraum zwischen Tat und Sanktion nicht dem Angeklagten anzulasten sei. Vor diesem Hintergrund sei der Bußgeldrichter, bei dessen Entscheidung die Tat erst ca. 18 Monate zurückgelegen habe, nicht gehalten gewesen, den erzieherischen Zweck des Fahrverbots im Hinblick auf den Zeitablauf näher zu prüfen. Die zwischen der letzten tatrichterlichen Entscheidung und der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts verstrichene Zeit sei jedenfalls dann nicht in die Prüfung, ob wegen des Zeitablaufs von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen sei, einzubeziehen, wenn das Rechtsbeschwerdegericht keine eigene Sachentscheidung i.S.v. § 79 Abs. 6 S. 1 OWiG treffe. Das Rechtsbeschwerdegericht habe lediglich zu prüfen, ob das Urteil des Tatrichters, auch im Hinblick auf die Verhängung eines Fahrverbots, Rechtsfehler aufweise. Der Tatrichter könne aber den sich an seine Entscheidung anschließenden Zeitraum nicht berücksichtigen. Im Übrigen könne das Rechtsbeschwerdegericht auf der Grundlage der für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Feststellungen in dem angefochtenen Urteil auch nur für den Zeitraum bis zur letzten tatrichterlichen Verhandlung prüfen, ob der Betroffene vor oder nach der abgeurteilten Tat noch in anderer Weise straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten sei. Eine rechtsstaatswidrige Verzögerung im Rechtsbeschwerdeverfahren könne nicht festgestellt werden, weshalb eine Kompensationsentscheidung nicht in Betracht komme.
Mit dieser Entscheidung gibt das OLG seine frühere Rechtsprechung ausdrücklich auf, in der es den Entscheidungszeitraum durch das Beschwerdegericht noch für berücksichtigungsfähig gehalten hatte.

Es ist nachvollziehbar, diesen Zeitraum (außer im Falle nicht zu verantwortender Verzögerungen) nicht zu berücksichtigen, da die Entscheidung des Tatrichters eben nur auf dem hat beruhen können, was er im Zeitpunkt seiner Entscheidung wissen konnte. Wenn diese richtig ist, gibt es keinen Grund, den Betroffenen zu privilegieren. Dies zumindest, wenn nicht allzu viel Zeit verstrichen ist. Hier bewegte man sich noch knapp in dem maßgeblichen Zweijahresraum.