Schuldeingeständnis am Unfallort – streitentscheidend?

Heute soll es um die Frage gehen, ob ein Schuldeingeständnis am Unfallort sich auf die Frage der Haftung auswirken kann. Ob also die Zahlungspflicht dessen, der ein schriftliches Schuldeingeständnis abgibt (bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung), sich aus der Tatsache der Abgabe der Erklärung ergeben kann.

Es kommt ziemlich häufig vor: noch an der Unfallstelle scheint alles klar zu sein und im Wege einer schriftlichen Vereinbarung klären die Unfallbeteiligten untereinander, wer den Unfall verursacht bzw. verschuldet hat. Und sehr häufig wird eine solche Erklärung im Nachgang widerrufen. Es stellt sich sodann die Frage, ob die Erklärung Bindungswirkung hat.

In einem hierzu vom Landgericht Ansbach (Urteil vom 20. Oktober 2017, Aktenzeichen 3 O 394/17) entschiedenen Fall war genau das passiert. Der Ehemann der Fahrzeughalterin fuhr mit dem Fahrzeug auf einer Verbindungsstraße auf das Heck des beklagten Fahrzeuges auf. Sodann unterschrieb der pflichtbewusste Ehemann auf dem nahe gelegenen Betriebsgrundstück handschriftlich eine Erklärung, mit der er „den Schaden zu 100 % anerkennt“. Es wurde sodann auch nicht die Polizei zur Unfallstelle herbeigerufen.

Es kam, wie es kommen musste: im Nachhinein wurde das Unfallereignis völlig anders dargestellt und der Geschädigte musste seinen Schaden einklagen. In der sodann durchgeführten Beweisaufnahme konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts geklärt werden, wie sich das verfahrensgegenständliche Verkehrsunfallgeschehen tatsächlich zugetragen hat. Es wäre daher im Zweifel von einer 50-prozentigen Haftung auszugehen. Dies ist der Normalfall, wenn ein ungeklärter Schadenseintritt (wie zum Beispiel ein Spurwechsel, bei dem unklar ist, welcher Verkehrsteilnehmer die Fahrbahn verlassen hat) besteht. Vorliegend geht die unklare Beweislage jedoch nach Auffassung des Gerichts zulasten der Klägerin (deren Ehemann die Erklärung abgegeben hat). Aufgrund der seitens des Ehemanns unterschriebenen Erklärung, den Schaden zu 100 % anzuerkennen, wirke sich der Umstand, dass er das klägerischen Fahrzeug berechtigt nutzt und der mit diesem den Unfall verwickelt war, für und gegen die Klägerin aus. Folglich hat die Klägerin zu beweisen, dass sich bei dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallgeschehen für sie um ein unabwendbares Ereignis handelte bzw. dass das Verschulden des Beklagten so sehr überwiegt, dass die vom klägerischen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr vollständig zurückbleibt. Dieser Beweis ist vorliegend der Klägerin jedoch nicht gelungen, es blieb wie gesagt bei Unaufgeklärtheit des Unfallereignisses.

Wie man sieht, spielt hier die Musik einzig und allein bei den Beweisregeln im Zivilprozess. Und an dieser Stelle kann einer solchen am Unfallort abgegebenen Erklärung eben doch die entscheidende Bedeutung zukommen.

Das Gericht führte nämlich weiter aus, dass es sich bei der Erklärung des Ehemanns, dass er den Schaden zu 100 % anerkenne, trotz des Wortlautes nicht um ein selbständiges Schuldanerkenntnis, also einen eigenen Vertrag, handelt. Der Anspruch werde nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage gestellt, sondern der Anspruch wird unter Beibehaltung des Anspruchsgrundes (nämlich des Unfallereignisses) dadurch verstärkt, dass er ihn „Einwänden des Anspruchsgegners gegen den Grund des Anspruches entzieht“. (Sehr schön formuliert übrigens). Das einseitige Schuldbekenntnis führe zu einer Verbesserung der Beweislage zugunsten der Geschädigten. Dies als Äquivalent dafür, dass diese als Erklärungsempfänger des einseitigen Schuldbekenntnisses aufgrund der Erklärung von einer weiteren Beweissicherung und damit der Wahrnehmung ihrer Möglichkeiten abgesehen hat. Denn sie hatte veranlasst, dass die zunächst verständigte Polizei vor ihrem Eintreffen davon informiert wurde, dass ihr Erscheinen nicht mehr erforderlich sei. Dies hat zur Folge, dass die Beklagte ihre Behauptungen erst beweisen muss, wenn dem Erklärenden der Nachweis der Unrichtigkeit des Anerkannten gelungen ist (so auch BGH NJW 1984,79).

Man sieht, dass es im Gerichtsprozess um Verkehrsunfälle oftmals äußerst trickreich zugeht. Zu empfehlen ist in jedem Fall eine qualifizierte Vertretung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht oder Versicherunsrecht.