Das Landgericht Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 10.11.2017 (Aktenzeichen: 13 S 97/17) erneut zugunsten der Geschädigten Partei bezogen und einen Versicherer zur Vornahme höherer Zahlungen nach einem Verkehrsunfall verursacht.
In diesem Falle ging es um die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung. Etwa drei Wochen nach dem Verkehrsunfall beschaffte der Geschädigte sich ein Ersatzfahrzeug, dessen Kauf er allerdings wegen eines verschwiegenen reparierten Totalschadens etwa eine Woche später rückgängig machte. Eine weitere Woche später erwarb der Geschädigte erneut ein Gebrauchtfahrzeug, das er sodann auch zum Straßenverkehr zuließ. Die beklagte Versicherung legte für den Nutzungsausfall lediglich 14 Kalendertage zugrunde. Mit seiner Klage hat der Geschädigte restliche Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von immerhin 1.062 € nebst Zinsen geltend gemacht auch zugesprochen bekommen.
Das Landgericht Saarbrücken hat klargestellt: nimmt der Geschädigte eines Verkehrsunfalls in zulässiger Weise eine Wiederbeschaffung vor, die aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen misslingt, steht ihm auch für die Dauer einer weiteren Ersatzbeschaffungsmaßnahme im üblichen zeitlichen Rahmen ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu. Der Schädiger trägt insoweit das Risiko der verzögerten Ersatzbeschaffung. Der Versicherer muss Nutzungsausfall grundsätzlich für die gesamte erforderliche Ausfallzeit leisten. Dies bedeutet, für die im konkreten Fall notwendige Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls eine angemessenen Überlegungszeit.
In diesem Falle kam eine konkret eingetretene Verzögerung hinzu, die in einer misslungenen Ersatzbeschaffung bestand. Diese hat der Geschädigte aber nicht zu vertreten, so dass dieser zur Vornahme einer weiteren Satzbeschaffungsmaßnahme veranlasst wurde. Dieses Risiko trägt aber der Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung. Ähnliche Überlegungen gelten übrigens auch für konkret eingetretene Verzögerungen wie etwa durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens entstandene Verzögerungen. Auch diese muss der Schädiger jedenfalls im üblichen zeitlichen Rahmen hinnehmen (vgl. hierzu bereits Landgericht Saarbrücken, NJW-RR 2017, 355).
Man sieht auch an diesem Beispiel wieder, dass Kürzungen der Versicherer nicht hingenommen werden sollten. Zur Not müssen die Rechtsansprüche eben eingeklagt werden. Dass dies immer häufiger erforderlich wird, ist zwar bedauerlich. Die Praxis der Versicherer darf jedoch nicht dazu führen, dass die Geschädigten auf ihre (vollständige) Schadensbegleichung verzichten sollen.