Deutschlands Straßen – ein Ort, an dem immer mehr Menschen, ob verschuldet oder nicht, in einen Verkehrsunfall verwickelt werden. Aber dennoch: Trotz der hohen Anzahl von Verkehrsunfällen, bestehen immer wieder große Unsicherheiten, was im Einzelnen nach einem Unfall getan werden muss.
Bei vielen Betroffenen macht sich auch immer wieder große Unsicherheit hinsichtlich der Schadensregulierung mit dem Unfallgegner breit. Es stellt sich vor allem die Frage: Welche Ansprüche kann ich gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers geltend machen – wie viel Geld erhalte ich nach einem Unfall.
1. Schmerzensgeldansprüche
Der Geschädigten kann bei schuldhaftem Handeln des Unfallverursachers Schmerzensgeld beanspruchen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Geschädigte verletzt wurde. Die Versicherungsgesellschaften werden in der Regel bei den behandelnden Ärzten ein Gutachten einhohlen.
Hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes besteht keine konkrete gesetzliche Vorgabe. So orientieren sich in der Praxis, die Höhe der Zahlungen an vergleichbaren Fällen, die bereits von Gerichten entschieden worden.
Für ein HWS-Schleudertrauma kann der Geschädigte Schmerzensgeld in Höhe von € 2.000,- (OLG Frankfurt VRS 90, 254) bekommen.
2. Schäden am Fahrzeug
Grundsätzlich bekommt der Geschädigte den Schaden an seinem Fahrzeug ersetzt. Werkstatreparaturen werden generell von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet. Ist ein kleinerer Schaden zu regulieren, so reicht oft die Vorlage eines Kostenvoranschlages aus.
Es muss der Geschädigte den Schaden jedoch nicht reparieren lassen. Er kann sich den Wert des Reparaturaufwandes auch von der Versicherung auszahlen lassen. Hier darf die Versicherung die Regulierung nicht von der Vorlage einer Rechnung abhängig machen.
Sollte der Reparaturaufwand weit über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges liegen, kann der Geschädigte lediglich diesen Wiederbeschaffungswert als Schadenersatz verlangen. Besteht ein Restwert am verunfallten Fahrzeug, muss sich dieser Restwert angerechnet werden lassen und gegebenenfalls das verunfallte Fahrzeug veräußert werden.
3. Wertminderung
Ein Schaden am Fahrzeug führt in aller Regel zu einer Minderung des Wertes des Autos. Der Geschädigte kann auch diese Wertminderung ersetzt bekommen. Der Anspruch auf Wertminderung soll den finanziellen Nachteil erfassen, der dadurch entstehen kann, dass bei Veräußerung des beschädigten Fahrzeuges am Markt ein geringerer Wert aufgrund des Vorschadens erzielt wird. Es gibt hier verschiedene Verfahren, den Minderwert rechnerisch zu ermitteln.
4. Sachverständigengebühren
Ist die Höhe des Schadens noch nicht bekannt, so muss diese durch einen Sachverständigen ermittelt werden. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens sind in der Regel von dem Schädiger oder seiner Versicherung zu ersetzen, sofern der Schaden ca. Euro 500,- nicht unterschreitet. Bei der Beurteilung der Schätzung des Schadens kommt es nur darauf an, ob der Geschädigte erkennen konnte, dass der Schaden im Bagatellbereich liegt – nur dann muss er von der Einholung eines Gutachtens absehen.
5. Nutzungsausfall
Oft ist es so, dass der Geschädigte auf sein Fahrzeug angewiesen ist. Dies ist jedoch oft nach einem Unfall nicht mehr fahrbereit. Der Geschädigte kann dann einen Nutzungsausfall in Höhe von 25 bis 95 € pro Kalendertag verlangen. Hierbei muss der Nachweis einer Reparatur des Fahrzeuges bzw. einer Neuanschaffung erbracht werden. Somit kann bei Abrechnung auf Basis des Gutachtens kein Nutzungsausfall verlangt werden.
6. Mietwagenkosten
Grundsätzlich darf sich der Geschädigte, der auf sein Fahrzeug angewiesen ist, für die Dauer der Reparatur ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug mieten. Er sollte sich zwei oder drei Vergleichsangebote bei Autovermietern einholen, um sich später nicht den Vorwurf des Verstoßes der Schadensminderungspflicht entgegenhalten lassen zu müssen.
7. Weitere Schäden
Es verbleibt in aller Regel nicht bei den bisher genannten Schäden. Auch Schäden anderer Art, z.B. Ab- und Ummeldkosten für ein Ersatzfahrzeug, Abschleppkosten, Entsorgungskosten, beschädigte Gegenstände im Fahrzeuginnern, Verdienstausfall, Arztkosten, kaputte Kleidungsstücke, u.a. sind erstattungsfähig. Zusätzlich kann der Geschädigte eine Aufwandspauschale, die in der Regel zwischen 20,– und 25,– € liegt, beanspruchen.
8. Vorfinanzierung
Besteht für den Geschädigten keine Vollkaskoversicherung und kann er mangels Liquidität den entstandenen Schaden nicht vorfinanzieren, so besteht die Möglichkeit, nach entsprechender Mahnung der Versicherung und Hinweis auf die mangelnde Liquidität, ein Kredit aufzunehmen.
9. Abwicklung der Schadensregulierung
Der Unfallbeteiligte muss sich immer an die gegenseitige Haftpflichtversicherung zur Schadensregulierung halten. Hier trifft er auf qualifizierte Mitarbeiter, die in professioneller Weise versuchen werden, den Schadensaufwand für die Versicherung gering zu halten. Es kommt hier zu einer gewissen Chancenungleichheit zwischen dem Geschädigten und dem Versicherer. Der Geschädigte verfügt oft nicht über entsprechende Kenntnisse, wie er sich gegenüber der Versicherung verhalten soll. Es kann daher nur dringend empfohlen werden, sich zur Regulierung seiner Ansprüche frühzeitig die Hilfe eines Rechtsanwaltes zu hohlen. Verfügt der Geschädigte über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung, so trägt diese die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes. Andernfalls hat der Schädiger die Kosten für den Rechtsanwalt dann zu tragen, wenn in die Schadensregulierung eine Versicherung involviert ist, was bei einem Verkehrsunfall regelmäßig der Fall sein wird.
Lesen Sie im nächsten Teil der Serie „Verkehrsunfall – wie viel Geld bekomme ich?“ mehr zum Thema: Schmerzensgeldansprüche.