Das schlug ein wie eine Bombe. Wie nun bekannt wurde, wird vor deutschen Führerscheinstellen systematisch und flächendeckend betrogen, wenn es um den Erwerb der deutschen Fahrerlaubnis geht.
Offenbar wird es Bewerbern, die aus sprachlichen oder sonstigen Defiziten heraus offensichtlich ungeeignet für das Bestehen der Fahrprüfung sind, gegen Bezahlung möglich gemacht, den Führerschein in Deutschland zu erwerben. Und die deutschen Behörden schauen tatenlos zu.
Schauen Sie sich den am Ende dieses Beitrages verlinkten Fernsehbeitrag an, in dem diese Praktiken schonungslos und nachweislich offengelegt wurden.
Wenn jemand aus einem Nicht-EU-Mitgliedsstaat in Deutschland fahren will, benötigt er die deutsche Fahrprüfung. Dies ergibt sich aus der deutschen Fahrerlaubnisverordnung (FeV), diese spricht in § 29 von einem sogenannten „Drittstaat“. Für Zuwanderer und sonstige Bewerber aus einem solchen Land, die sich längerfristig in Deutschland aufhalten möchten, ist die Führerscheinprüfung also der entscheidende Knackpunkt zum legalen Fahren.
Was aber bedeuten die neuen Offenlegungen für das Führerscheinrecht im geeinten Europa? Bekanntlich besteht eine gegenseitige Anerkennungspflicht für Führerscheine unter den EU-Mitgliedsstaaten. Dies folgt schon seit längerem aus der sogenannten Dritten EU-Führerscheinrichtlinie (Amtsbezeichnung: Richtlinie 2006/126/EG v. 20.12.06).
Nun hatten die deutschen Behörden in der Vergangenheit häufig die Bestrebung, die ausländischen EU-Führerscheine nicht anzuerkennen, und zwar insbesondere bei Aufofahrern, die in Deutschland vor Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eine MPU zu absolvieren hätten. Die diesbezüglich eindeutige Rechtsprechung des EuGH besagte nämlich, dass eine Fahreignungsbegutachtung im EU-Ausland die MPU in diesen Fällen ersetzt. Denn die MPU ist nichts anderes als eine Begutachtung auf Fahreignung.
Dieses Bestreben sah dann regelmäßig so aus, dass die deutschen Behörden im Ausstellerstaat Anfragen stellten, um dem Betroffenen einen Fehler bei dem Erwerb seines EU-Führerscheins nachzuweisen, meist in Form eines Wohnsitzverstoßes. Mit anderen Worten: die Deutschen unterstellten den ausländischen Behörden, bei der Erteilung der Fahrerlaubnis nicht ordnungsgemäß geprüft zu haben. Dies zwar meist erfolglos, aber immerhin, dieses Bestreben nach Aufdrücken der deutschen Führerscheinstandards „sprach Bände“ über die Sichtweise der deutschen Behörden, Staatsanwaltschaften und zu deren Respekt vor der europäischen Gesetzeslage (und damit eigentlich auch der Europäischen Einigung!). Immer wieder musste ich Mandanten, die im Besitz einer regulären EU-Fahrerlaubnis waren, gegen den völlig aus der Luft gegriffenen Vorwurf verteidigen, bei dem Erwerb „geschummelt“ zu haben.
Wie aber rechtfertigen die deutschen Behörden in Anbetracht der aktuellen Enthüllungen ihre Bemängelungspraxis? Derzeit ist jedenfalls ein deutliches „Zurückrudern“ zu beobachten, aus meiner Sicht wird es höchste Zeit!
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