Führerscheinentzug für „Reichsbürger“?

Man kann in Deutschland auf viele Arten und Weisen den Führerschein verlieren. Hier geht es nicht nur um die Folgen von Strafverfahren, sondern auch um Maßnahmen, die die Führerscheintstellen, also auf der verwaltungsrechtlichen Schiene, treffen können. Zudem können auch Taten, die außerhalt des Straßenverkehrs begangen werden, zu Fahrverbot und Führerscheinentzug führen. Das ist ja auch der Grund, warum immer mehr Deutsche den Führerschein im EU-Ausland erwerben. Heute soll aber um die Frage gehen, ob man auch aufgrund bloßer Gesinnung den Führerschein verlieren kann, und zwar an dem Beispiel eines bekennenden Reichsbürgers. Gibt es einen Führerscheinentzug für „Reichsbürger“?

Der VGH Baden-Württemberg hat in seinem Beschluss vom 2.1.2018 (A.Z.: 10 S 2000/17) den durchaus kuriosen Fall zu behandeln gehabt, dass eine Führerscheinstelle ein Gutachten zur Fahreignung (MPU) angeordnet hatte, weil der betroffene Autofahrer Mitglied der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ war – ansonsten war dem Mann nichts vorzuwerfen.

Die Auffassung der Behörde: das Äußern politischer und rechtlicher Auffassungen, die der Allgemeinheit völlig abwegig erscheinen (z.B. das Leugnen der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und der Gültigkeit von deren Rechtsnormen) und hierauf zurückzuführende Verhaltensweisen außerhalb des Straßenverkehrs böten ausreichend Anhaltspunkte für eine die Fahreignung ausschließende psychische Erkrankung (Nr. 7 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung).

Eine durchaus bemerkenswerte, bis dato unübliche Auslegung der Vorschriften der FeV (Fahrerlaubnisverordnung). Nach Auffassung des VGH Baden-Württemberg, der die Entscheidung der Führerscheinstelle zu überprüfen hatte, reichten diese Anhaltspunkte denn auch nicht aus, um eine die Fahreignung ausschließende psychische Erkrankung zu bejahen. Hierfür hätten nach Auffassung des Gerichtes weitere hinreichend gewichtige Anhaltspunkte ermittelt werden müssen, die auf eine solche schwere psychische Erkrankung, die auf Fahrungeeignetheit schließen lassen, hindeuten.

Grundsätzlich gilt Folgendes. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kfz begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder psychologischen Gutachten (MPU) die Eignungszweifel aufzuklären. Bei Nichtbeibringung ist der Schluss auf eine fehlende Fahreignung jedoch nur zulässig, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig war. Dabei setzt die Anordnung, die MPU beizubringen, nicht voraus, dass eine die Fahreignung ausschließende Erkrankung bereits feststeht. In einem solchen Fall bedarf es keiner weiteren Begutachtung mehr. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 7 Fahrerlaubnisverordnung. Vielmehr handelt es sich bei der Anforderung eines ärztlichen Gutachtens um eine Gefahrerforschungsmaßnahme. Diese kommen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Fahrerlaubnisverordnung bereits dann in Betracht, wenn hinreichend gewichtige Tatsachen auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach den Anlagen 4 oder 5 der Fahrerlaubnisverordnung hinweisen. Hierbei komme es dann nicht mehr darauf an, ob der Betroffene bereits im öffentlichen Straßenverkehr auffällig geworden ist, was einhelliger Rechtsprechungsauffassung entspricht. Der letztere Aspekt war für den VGH Baden-Württemberg jedoch (noch) nicht erfüllt, die bloße Mitgliedschaft in der „Reichsbürgerbewegung“ zeuge zwar davon, dass völlig abwegige Sichtweisen und Rechtsauffassungen in der Vorstellung des Betroffenen vorhanden sind. Ausreichende Zweifel an der Fahreignung begründet dies jedoch nicht.

Was halten Sie von dieser Entscheidung des Gerichts? Wie empfinden Sie die Auffassung, dass eine bloße Mitgliedschaft in der „Reichsbürgerbewegung“ Rückschlüsse auf eine fehlende Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr zulässt? Schreiben Sie mir gerne unter www.ra-hartmann.de