Geblitzt wegen krankem Kind

Die Sorge um ein krankes Kind allein ist noch kein Grund, ein Tempolimit zu missachten. Wenn allerdings die sofortige Hilfe „zwingend erforderlich“ ist, darf ein Autofahrer ausnahmsweise schneller fahren als erlaubt. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem Beschluss (Aktenzeichen: 1 Ss 81/05 – Beschl. vom 08.08.2005) entschieden. Im vorliegenden Fall war ein Vater bei Karlsruhe mit 61 km/h durch eine 30-Kilometer-Zone gefahren und geblitzt worden. Er sollte deshalb 125 Euro Bußgeld zahlen und ein einmonatiges Fahrverbot erhalten. Dagegen legte er Einspruch ein. Vor dem Amtsgericht Karlsruhe argumentierte der Mann, er sei kurz zuvor über einen Sturz seines behinderten Kindes unterrichtet worden. Aus Sorge um das Kind habe er bei der sofortigen Heimfahrt geltende Tempolimits missachtet. Weil der Mann schon mehrfach wegen zu schnellem Fahren aufgefallen war, wollten die Amtsrichter dieser Erklärung nicht folgen. Das OLG entschied dagegen nun, dass das Amtsgericht die Sache erneut verhandeln und den Sachverhalt umfassend aufklären muss. Eile ein Vater zu seinem verletzten Kind, so handle er aus Sorge um dessen Leben oder Gesundheit – in einem solchen Fall dürfe es kein Fahrverbot geben. Das gelte aber nicht für jeden Hilferuf. Die Sache wurde also an das Amtsgericht Karlsruhe zurück verwiesen. Ob in dem konkreten Fall die sofortige Hilfe auch nötig war, muss nun das Amtsgericht erneut prüfen. Denn die Ausrede, man sei nur aus Sorge zu schnell gefahren, darf natürlich wegen der Gefahr des Missbrauches nicht in jeder Situation Gehör erlangen.

Der Verfasser dieses Artikels ist Rechtsanwalt Dr. Henning Karl Hartmann, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV).

Die Kanzlei Dr. Hartmann & Partner betreibt Büros in Berlin und Oranienburg (Tel. 03301 – 53 63 00).

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