Mietwagen-Unfall in zu niedriger Tiefgarage – trotz Vollkasko Haftung?

Es kommt zum Unfall mit einem Mietwagen. Die Einfahrt in die Tiefgarage war zu niedrig. Es stellt sich die Frage, ob der Fahrers trotz besehender Vollkaskoversicherung haftbar ist.

Ein vermeintlich klarer Fall mit juristischen Fallstricken: Ein Mieter beschädigt einen gemieteten Transporter bei der Rückgabe, weil er in eine Tiefgarage einfährt, deren Höhenbegrenzung das Fahrzeug überschreitet. Das Besondere: Der Mieter war durch eine Haftungsfreistellung abgesichert – eigentlich.

Das OLG Brandenburg (Urt. v. 12.12.2024 – 12 U 42/24) entschied: Trotz vertraglicher Haftungsfreistellung haftet der Mieter – zumindest anteilig – weil sein Verhalten als grob fahrlässig zu bewerten war.

Was war passiert?

Der Beklagte wollte den Miettransporter an einem vereinbarten Abstellplatz zurückgeben, der sich in einer Tiefgarage befand. Die Einfahrt war auf Fahrzeuge bis 2,10 m Höhe beschränkt – der Transporter war höher. Der Fahrer übersah das Höhenbegrenzungsschild, fuhr dennoch ein – und verursachte erheblichen Schaden am Fahrzeug.

Problem: Haftungsfreistellung nur bei einfacher Fahrlässigkeit wirksam

Im Mietvertrag war eine Haftungsfreistellung mit Selbstbeteiligung von 150 Euro vereinbart – klassisch im Rahmen einer Vollkaskoregelung. Diese entfällt aber bei grober Fahrlässigkeit (§ 81 Abs. 2 VVG). Und genau die sah das OLG hier gegeben: Das Übersehen eines deutlich sichtbaren Höhenbegrenzungsschildes vor der Einfahrt sei ein gravierender Sorgfaltsverstoß.

Keine vollständige Haftung – aber anteilige

Trotz dieser groben Fahrlässigkeit wurde dem Mieter nicht die volle Haftung auferlegt. Das Gericht begrenzte die Quote auf ein Drittel des Schadens. Begründung: Der Grenzbereich zur einfachen Fahrlässigkeit sei noch nicht deutlich überschritten. Der Beklagte war ungeübt im Umgang mit solchen Fahrzeugen, es gab keinen Hinweis im Innenraum auf die Fahrzeughöhe, und die Anweisung zur Rückgabe war irreführend formuliert. Zudem war der Fahrer nach stundenlanger Fahrt und unter Zeitdruck unterwegs – auch das wurde mildernd berücksichtigt.

Praxisrelevanz

Für Mieter von Nutzfahrzeugen – insbesondere Transportern oder Lkw – gilt: Die Haftungsfreistellung schützt nicht in jedem Fall. Wer grundlegende Pflichten verletzt (z. B. klar erkennbare Höhenbeschränkungen ignoriert), riskiert eine Kürzung oder sogar den vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes. Das gilt selbst dann, wenn keine böse Absicht vorliegt.

Gleichzeitig zeigt die Entscheidung: Gerichte wägen auch bei grober Fahrlässigkeit ab. Eine differenzierte Betrachtung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände kann zu einer reduzierten Haftungsquote führen.

Fazit

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung sorgfältiger Einweisung und klarer Kommunikation durch Mietwagenunternehmen. Und es macht deutlich: Eine Haftungsfreistellung ersetzt nicht das eigene Urteilsvermögen. Bei Unsicherheit über Fahrzeugmaße, Rückgabeorte oder Zufahrten sollte lieber einmal zu viel nachgefragt als blind vertraut werden.

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