Die Rechtsprechung äußert sich immer wieder zu den Voraussetzungen für ordnungsgemäße Messungen. Dies ist für Verteidiger dann Anlass, nach Ansätzen zu suchen. Nun entschied das OLG Frankfurt, dass die Einsichtnahme Falldateien in Blitzer-Fällen kein Privileg ist, sondern ein Recht.
Wer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung geblitzt wird, muss nicht nur mit Sanktionen rechnen – sondern hat auch ein Recht auf Zugang zu den digitalen Messdaten. Denn moderne Geschwindigkeitsmessungen beruhen auf automatisierten, verschlüsselten Falldateien. Diese enthalten nicht nur den Messwert, sondern auch das Bildmaterial und die technischen Metadaten zur Messung. Und: Diese Dateien sind kein Staatsgeheimnis.
Das OLG Frankfurt (Beschl. v. 4.3.2025 – 2 Orbs 233/24) hat in einem aktuellen Verfahren klargestellt: Die Falldateien müssen für alle Verfahrensbeteiligten zugänglich und überprüfbar sein – inklusive Auswertungssoftware und Entschlüsselungsschlüssel.
Im konkreten Fall ging es um einen Autofahrer, der auf der Autobahn um 27 km/h zu schnell unterwegs war. Die Bußgeldstelle stützte sich auf die standardisierte Messung. Doch der Verteidiger beantragte die Herausgabe der kompletten Falldatei, um die Messung eigenständig prüfen zu lassen.
Zwar wurde die Rechtsbeschwerde im konkreten Fall aus prozessualen Gründen verworfen, doch das OLG nutzte den Fall zur grundsätzlichen Klarstellung:
Die Bußgeldbehörde muss alle relevanten Daten und Hilfsmittel bereithalten – nicht nur zur eigenen Prüfung, sondern auch für Gericht, Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Betroffene.
Dazu gehören:
• die originale Falldatei,
• das autorisierte Auswertungsprogramm,
• der entsprechende Entschlüsselungsschlüssel.
Betroffene müssen demnach nicht blind dem Ergebnis vertrauen – sie können entweder
1. einen Vor-Ort-Termin bei der Bußgeldstelle vereinbaren oder
2. die lesbare Datei digital über einen sicheren Übermittlungsweg (§ 32a Abs. 4 StPO) anfordern – auf Wunsch auch auf eigene Kosten.
Wichtig: Das Gericht stellt dennoch klar: Messungen mit standardisierten Verfahren gelten grundsätzlich als zuverlässig. Das heißt, es braucht konkrete Anhaltspunkte für Messfehler, damit ein Gericht zur inhaltlichen Überprüfung verpflichtet ist.
Fazit: Auch wenn das Verfahren automatisiert läuft – Rechtsstaatlichkeit verlangt Transparenz. Die Möglichkeit zur Nachprüfung gehört zwingend dazu. Gerade in Fällen, in denen Punkte oder Fahrverbote im Raum stehen, kann die Akteneinsicht entscheidend sein.