Nach einem unverschuldeten Unfall kann man sich entweder einen Mietwagen nehmen, oder für eine bestimmte Zeitspanne Nutzungsausfallentschädigung beanspruchen. Dies ist nach der Erfahrung des Verfassers einer der Schadensposten, bei dem am meisten Geld verschenkt wird. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Frage, ob überhaupt Nutzungsausfall entschädigungspflichtig ist, als auch hinsichtlich des Zeitraumes, für den die Nutzungsausfallentschädigung beansprucht werden kann.
I.
Im Totalschadensfall verlangen die Versicherer häufig den Nachweis einer Ersatzbeschaffung, da nur zur „Überbrückung“ Nutzungsausfall geschuldet werde. Dies ist falsch. Der Versicherer ist dann darauf hinzuweisen, dass nach der örtlich einschlägigen Rechtsprechung auch im Totalschadensfall bei fehlender Ersatzbeschaffung Nutzungsausfall geschuldet wird (vgl. u.a. OLG Brandenburg, Urteil vom 10.11.12, 6 U 36/12; KG Berlin, Urteil vom 1.3.04, 12 U 96/03; AG Berlin-Mitte, Urteil vom 18.3.09, 110 C 3174/07). Selbst bei Nutzung von Bus und Bahn besteht vermuteter Nutzungswille: OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.8.07, I-1 U 257/06.
II.
Hinsichtlich des Zeitraums, für den Nutzungsausfallentschädigung geschuldet wird, bestehen ebenfalls diverse Missverständnisse. Es gilt folgendes. Die regulierungspflichtige Ausfalldauer ist nicht auf die bloße Wiederbeschaffungs- bzw. Reparaturdauer beschränkt. Es sind insgesamt drei Zeiträume zu betrachten:
Schadensermittlungszeitraum: grundsätzlich ab Unfalldatum bis zum Erhalt des Sachverständigengutachtens. Verzögerungen bei der Gutachtenerstellung, die nicht in dem Einflussbereich des Geschädigten liegen, gehen hierbei zu Lasten des Schädigers (vgl. u.a. OLG Schleswig, Urt. v. 30.3.12 – 7 U 146/11; LG Landau, Urtl. v. 14.4.16 – 2 O 74/15). Hierbei ist auch noch eine zusätzliche Überlegungsfrist von mindestens zwei Tagen anzusetzen, die bis zur Beauftragung des Sachverständigen verstreichen dürfen (LG Landau, a.a.O).
Beispiel: es ereignete sich der Unfall am 6.8., die Auftragserteilung für das Gutachten erfolgte am 8.8., das Gutachten wurde am 10.8. übersandt. Für den Schadensermittlungszeitraum sind somit als regulierungspflichtig anzusetzen: fünf Tage.
Überlegungs- und Prüfzeitraum: Liegt das Gutachten vor, schließt sich nach der Rechtsprechung ein Überlegungszeitraum an, der stets mit weiteren fünf Tagen anzusetzen ist (vgl. u.a. AG Wiesbaden, Urt. v. 11.7.12 – 92 C 224/12; AG Aschaffenburg zfs 1999, 103).
Wiederbeschaffungsdauer: Erst im Anschluss am den Überlegungszeitraum ist die eigentliche Wiederbeschaffungs- bzw. Reparaturdauer, die von dem Gutachter kalkuliert wurde, anzusetzen. Aber auch hier ist Obacht angeraten. Zu achten ist auf die Angabe als „Werktag“ oder Tag.
Beispiel: beträgt die von dem Gutachter angesetzte Wiederbeschaffungsdauer neun Werktage, fallen hier, da mindestens ein Wochenende dazwischen leigen muss, insgesamt (mindestens) elf Tage an.
Zusammenfassend kann damit nicht nur der in der Regel auf 12-14 Tage beschränkte Zeitraum beansprucht werden, den der Gutachter für die Wiederbeschaffung veranschlagt hat, sondern meist mehr als 20 Tage! Ein Unterschied, der schnell € 300,- bis € 700,- (je nach Ausfallklasse) ausmachen kann.
Auch hier also wieder die Erkenntnis: verzichten Sie nicht auf ihr Geld. Und zwingen Sie den eintrittspflichtigen Versicherer notfalls durch eine Klage zur vollständigen Zahlung.