Taxifahrer trinkt Alkohol während Fahrbereitschaft: Vorsatz!

Eine sehr streitbare Entscheidung fällte das OLG Celle kürzlich. Es geht wieder mal um das Thema Alkohol im Straßenverkehr. Für eine strafbare Trunkenheitsfahrt gem. § 316 I StGB ist vorsätzliches Handeln erforderlich. Das heißt, dass der Fahrer zumindest billigend in Kauf genommen hat, die Tat zu begehen. Dieser sogenannte bedingte Vorsatz muss sich auch auf die „rauschbedingte Fahruntüchtigkeit“ erstrecken. Oder noch anders formuliert, der Täter muss wissen (bzw. in Kauf nehmen), dass er nicht mehr fahren darf – und dies dann trotzdem tun.

Der zweite Strafsenat des OLG Celle hatte es nun mit einem Fall zu tun, in dem ein Taxifahrer, der später mit einer BAK (=Blutalkoholkonzentration) von 2,14 Promille angehalten wurde, sich auf fehlenden Vorsatz berufen hat. Der Haken an der Sache: Die Aufnahme des Alkohols fand während einer Fahrbereitschaft statt. Es sollte wohl ursprünglich keine Fahrt stattfinden, später wurde der Täter aber doch noch zum Dienst gerufen. Das OLG Celle befand in seiner Entscheidung (Beschl. v. 25.10.13, A.Z. 32 Ss 169/13), dass in dieser Konstellation ein vorsätzliches Handeln zu bejahen sei. Zwar sei die genaue Menge des Alkohols, der konsumiert wurde, nicht mehr feststellbar gewesen. Als Berufskraftfahrer habe der Täter aber um die besonderen Gefahren seines Verhaltens gewusst. Zu berücksichtigen sei daher dieser besondere Aspekt der Persönlichkeit des Fahrers, nämlich die Berufserfahrung in der Personenbeförderung.

Dies erscheint nicht ganz unproblematisch. Denn es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ab einer bestimmten BAK immer Vorsatz hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit anzunehmen ist. Die Annahme, allein aufgrund eines hohen Promillewertes sei von Vorsatz auszugehen, wird überwiegend abgelehnt (vgl. z.B. OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.7.10, A.Z. (2) 53 Ss 40/10 (21/10)). Neben dem reinen BAK-Wert sind aber noch andere Aspekte, die einen Rückschluss auf das Vorliegen von Vorsatz erlauben, anerkannt. So zum Beispiel, wenn bei dem Täter Vorstrafen wegen ähnlicher Taten vorliegen, insbesondere wenn sie noch nicht lange zurück liegen. Dann hat der Täter schließlich „frische Erfahrungen“ mit dem Thema gemacht (vgl. OLG Saarbrücken, NJW 08, S. 1396).

So ähnlich soll es sein, wenn die Berufserfahrung diese Kenntnisse nahe legt. Das Trinken in Fahrbereitschaft wurde bereits von dem OLG Köln (DAR 99, S. 88) als mögliches Indiz benannt.

Aus meiner Sicht sind diese Entscheidungen zweifelhaft. Denn man wird zwar noch bejahen können, dass ein Berufskraftfahrer um die besonderen Gefahren einer Alkoholaufnahme vor Fahrtantritt weiß. Und meinetwegen auch härter bestraft werden soll, wenn er trotzdem fährt. Woher der Berufskraftfahrer aber bessere Kenntnisse als ein Privatmann haben soll zu der Frage, ob bei ihm ein bestimmter Pegel erreicht ist, erschließt sich mir – auch aus der neuen Entscheidung – nicht. Dem Betroffenen half es nichts: der Führerschein war für weitere sechs Monate weg.

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