Vorbei mogeln nicht erlaubt

Auch in Oberhavel kommt es an bestimmten Verkehrsknotenpunkten immer wieder zu einer Situation, in der stehende PKW überholt werden können. Aber aufpassen: ein Autofahrer, der an einer wartenden Fahrzeugschlange vorbeifährt, muss auf ausscherende Fahrzeuge z.B. aus Grundstücksausfahrten achten. Und zwar in der Form, dass er sein Fahrverhalten so anpasst, dass eine Kollision vermieden werden kann. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. hervor (Aktenzeichen: 24 U 138/05 – Urteil vom 25.11.2005). Verletzt der Fahrzeugführer diese Sorgfaltspflicht, so muss er bei einer Kollision mit einem heraus fahrenden Wagen den überwiegenden Teil der Haftung übernehmen. Das Gericht verurteilte im vorliegenden Fall einen Autofahrer, der sich vorbei mogeln wollte, dazu, einem Fahrzeughalter 60 Prozent des am Fahrzeug entstandenen Schadens zu ersetzen. Die Tochter des Mannes war mit dem Auto ihres Vaters aus einer Tankstellenausfahrt gefahren. Auf der rechten Spur hatte sich eine Schlange gebildet, die Autofahrerin wollte auf die linke Spur. Der verurteilte Autofahrer fuhr mit hoher Geschwindigkeit links an dem Stau vorbei und kollidierte mit dem Fahrzeug der jungen Frau. Das OLG hielt in der genannten Entscheidung beiden vor, an dem Unfall schuld zu sein. Der überwiegende Schuldvorwurf treffe jedoch den vorbeifahrenden Autofahrer. Er hätte auf die Tankstellenausfahrt achten müssen und bei genügender Sorgfalt festgestellt, dass die wartenden Fahrer vor der Ausfahrt eine Lücke gelassen hatten. Daher hätte er mit dem PKW rechnen müssen.

Die Folgen einer solchen Situation können sich in zweifacher Hinsicht auswirken. Neben der geschilderten (zivilrechtlichen) Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz kann eine Ordnungswidrigkeit vorliegen. Will man hier den Eintrag von Punkten in Flensburg vermeiden, sollte nach Zustellung eines Bußgeldbescheides unbedingt die zweiwöchige Einspruchsfrist beachtet werden. Die Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt werden von der Rechtsschutzversicherung übernommen.

Der Verfasser dieses Artikels ist Rechtsanwalt Dr. Henning Karl Hartmann, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV).
Die Kanzlei Dr. Hartmann & Partner betreibt Büros in Berlin, Bielefeld und Oranienburg (Tel. 03301 – 53 63 00).

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