Wohnsitz & EU-Führerschein: Zweifel am Wohnsitzerfordernis?

Heute beleuchten wir das Thema Wohnsitz beim EU-Führerschein näher. Dabei wenden uns der Frage zu, wann Zweifel an der Wohnsitzerfordernis angebracht sind, so dass die Gültigkeit verneint werden kann.

Im Zusammenhang mit der Frage nach der Gültigkeit eines ausländischen EU-Führerscheins (auf deutschen Straßen) kommt es immer wieder auf die Frage der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses an. Häufig versuchen deutsche Behörden, Zweifel an der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses zu wecken, um die Gültigkeit des Führerscheins zu verneinen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen der Betroffene in Deutschland vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis noch die MPU zu absolvieren hätte.

Thema: Wohnsitz & EU-Führerschein

Sehr erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass das Bundesverwaltungsgericht die häufigste Konstellation hierzu entschieden hat, und zwar ZUGUNSTEN der Betroffenen. In dem Beschluss vom 24.10.2019 (Aktenzeichen: BVerwG 3 B 26.19) wurde folgendes klargestellt: für die Begründung von Zweifeln am Wohnsitzerfordernis reicht es NICHT aus, wenn die Behörden des Ausstellungsstaates mitteilen, dass sie die Wohnsitzvoraussetzungen nicht geprüft hätten. Und nun der entscheidende Passus:

„Entsprechendes gilt auch für die Auskunft, dass Einzelheiten zu den tatsächlichen Gegebenheiten der Wohnsitznahme nicht bekannt sind.“

Dies ist in der Praxis der häufigste Fall. Auf Anfrage von der deutschen Behörde (oder im Strafverfahren der Staatsanwaltschaft) beantworten die ausstellenden Behörden, wenn überhaupt, die Frage nach der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses meist dahingehend, dass Einzelheiten zu den privaten und beruflichen Bindungen zum Zeitpunkt der Ausstellung nicht bekannt sind. (Anmerkung: Was sollen sie auch sonst antworten? Eine deutsche Führerscheinstelle hätte die Frage nicht anders beantwortet.)

In diesen Fällen ist also davon auszugehen, dass das Wohnsitzerfordernis erfüllt wurde. Hieran sind die deutschen Behörden und Gerichte dann gebunden. Ergebnis: die Fahrerlaubnis ist in Deutschland gültig. Man darf sie auf deutschen Straßen benutzen. Und zwar ungeachtet der Tatsache, ob in Deutschland noch eine MPU offen wäre.

Wohnsitz beim EU-Führerschein & Gültigkeit in Deutschland

In der genannten Entscheidung hat sich das Bundesverfassungsgericht zu der Frage geäußert, wie lange der Wohnsitz genommen werden muss. Die dritte EU-Führerscheinrichtlinie spricht hier von 185 Tagen. Das Gericht: „Ergibt sich aus den vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden Informationen, dass die Wohnungsmeldung die erforderliche Mindestdauer nur wenig überschreitet und erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins stattfand oder bereits kurz nach Erwerb des Führerscheins wieder aufgegeben wurde oder verneinen die zuständigen Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats auf Nachfrage einen mindestens 185-tägigen Aufenthalt sowie persönliche oder berufliche Bindungen, sind ausreichende Zweifel an der Richtigkeit des durch die Führerscheinausstellung begründeten Anschein eines ordentlichen Wohnsitzes – ausnahmsweise! – begründet.“ Dann gäbe es Hinweise auf das Vorliegen von Führerscheintourismus. Das ist soweit verständlich und auch nachvollziehbar. Wenn auch nicht ganz mit dem Wortlaut der EU-Führerscheinrichtlinie übereinstimmend.

Wenn aber, wie meist, die zuvor genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, und es kommt lediglich zu einer „Unbekannt-Rückmeldung“ (oder aber gar keiner Rückmeldung!), dann ist eben von Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses auszugehen. Um es noch einmal zu sagen: die Fahrerlaubnis ist dann auch in Deutschland gültig, und zwar auch ohne Umschreibung.

Diese Rechtslage entspricht den Regelungen innerhalb der Europäischen Union (EU). Viele stören sich an dieser Rechtslage. Sie meinen, ohne Ableistung der MPU solle doch derjenige in Deutschland nicht fahren dürfen. Ich kann hierzu nur sagen, dass auch ich viele Gesetze nicht gut finde. Trotzdem muss ich mich an sie halten.

Was meinen Sie zu dieser Rechtslage? Schreiben Sie mir gerne Ihre Meinung.