Alkohol am Fahrrad – auch bei bloßem Rollen?

Wegen Trunkenheit im Straßenverkehr kann man sich auch als Fahrer eines Fahrrades strafbar machen. Deswegen ist Alkohol am Fahrrad immer wieder Thema. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte nun zu der Frage zu entscheiden, ob jemand der auf einem nur rollenden Fahrrad sitzt, jedoch nicht die Pedalen bedient, dieses Fahrrad „führt“ im Sinne von § 316 StGB. Die Frage wurde klar bejaht. Denn ein rollendes Fahrrad müsse gelenkt werden. Deshalb sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Kläger ein Fahrzeug im Straßenverkehr (und zwar hier mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,4 Promille) geführt hat. Das Sitzen auf einem rollenden Fahrrad stelle ein „Führen“ dieses Fahrrades dar, weil ein rollendes Fahrrad mit einer darauf sitzenden Person offensichtlich des Führens bedarf. Sonst würde es nämlich nicht die gewünschte Fahrtrichtung aufnehmen.

Das Gericht hat hierzu sehr detailliert ausgeführt, dass Vorgenannte gelte unabhängig davon, ob die Bewegungsenergie aus einem aktuellen Betätigen der Pedale gezogen werde, aus einer vorhergehenden Pedalbewegung herrühre, oder etwa nur aus der Schwerkraft beim Befahren einer Gefällstrecke. Kennzeichnend für das Führen eines Fahrzeugs sei, dass die Räder rollten, also ein eigenständiger Bewegungsvorgang des Fahrzeugs ausgelöst worden sei, was bei einem Fahrzeug dann anzunehmen sei, wenn sich Fahrer und Fahrzeug zusammen bewegten und der Boden Kontakt mit beiden Füßen gelöst sein. Daran bestünden keine ernstlichen Zweifel.

Das hört sich sehr theoretisch an, aber: Die hier geschilderte Auffassung entspricht der überwiegenden Rechtsprechung zu § 316 StGB und der Kommentarliteratur zu dieser Vorschrift. Nach der grundlegenden Entscheidung des BGH hierzu ( BGHSt 35,390) kann in Abgrenzung zur bloßen Vorbereitung Führer eines Fahrzeugs nur sein, wer sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen technischen Einrichtungen des Fahrzeugs bedient, die für seine Fortbewegung bestimmt sind. Es muss also jemand, um Führer eines Fahrzeugs sein zu können, das Fahrzeug unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein-oder Mitverantwortung in Bewegung setzen oder das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Voraussetzungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenken. Führer ist hiernach dann auch, wer nur einzelne dieser Tätigkeiten vornimmt, jedenfalls solange es sich dabei um solche handelt, ohne die eine zielgerichtetere Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre. Auch zum Begriff des Führens eines Kfz ohne Fahrerlaubnis hat der BGH entschieden, dass es auf den Bewegungsvorgang oder das Abrollenlassen eines Kfz ankommt, wobei der Motorkraft als Ursache der Bewegung keine Bedeutung zukommt. Daher führt auch der der ein Mofa fortbewegt, indem er sich auf dem Fahrradsattel sitzend mit den Füßen vom Boden abstößt, ein Fahrzeug. (Unter anderem OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.9.1981).

Soweit das Verwaltungsgericht unter Berufung auf die vorhandene Kommentierung ausgeführt hat, dass, einen Bewegungsvorgang vorausgesetzt, ein Fahrzeug nur führt, wer beim Besteigen eines Fahrrads mit beiden Füßen den Bodenkontakt gelöst hat, dient das nur der Abgrenzung zur straflosen Vorbereitungshandlung. Rollt ein Fahrrad mit einer darauf sitzenden Personen, ergibt sich damit automatisch, dass der Bodenkontakt mit den Füßen gelöst ist. Aber das Gericht geht noch mehr ins Detail: Ansonsten würden die Füße nämlich während der Bewegung des Fahrrads auf dem Boden schleifen, was zwar möglich ist aber letztendlich dem Führen eines Fahrrads nicht entgegensteht, weil es auch dann noch geführt, also gelenkt werden muss. Der Kläger habe auch nicht vorgetragen, dass sich das Fahrrad, während er auf ihm saß, gegen seinen Willen in Bewegung gesetzt habe.

Bitter für den Betroffenen: Die Entziehung der Pkw-Fahrerlaubnis wegen des Nichtbeibringens eines Fahreignungsgutachtens (MPU) ist daher von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof für rechtmäßig erklärt worden.