Entziehung der Fahrerlaubnis: Rechtsgrundlage ausgetauscht

Kommt es zur Entziehung der Fahrerlaubnis, auch wenn durch die Behörde die Rechtsgrundlage ausgetauscht wird? Darum geht es heute.

Das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 18.02.2025 – Az: 16 B 668/24) hatte sich mit einer interessanten Fallkonstellation zur Entziehung einer Fahrerlaubnis zu beschäftigen. Streitpunkt war nicht ob die Entziehung zulässig war – sondern auf welcher rechtlichen Grundlage.

Das Gericht stellte klar: Auch wenn die Behörde zunächst eine andere Rechtsnorm heranzieht, kann es die Maßnahme auf eine andere, passendere Vorschrift stützen – sofern die Rechtsfolge dieselbe bleibt und kein Ermessenspielraum besteht.

Was war passiert?

Ein junger Fahrer hatte mehrere Pflichten aus der Probezeitregelung (§ 2a StVG) verletzt. Neben der Anforderung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar wurde er auch aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) vorzulegen. Beides blieb aus.

Die Fahrerlaubnis wurde ihm auf Grundlage von § 3 StVG i.V.m. §§ 46, 11 Abs. 8 FeV entzogen – also wegen der Verweigerung des Gutachtens. Später stellte das Verwaltungsgericht aber auf eine völlig andere Vorschrift ab: § 2a Abs. 3 StVG – die spezielle Regelung für Fahranfänger, die ein Seminar nicht absolvieren.

Darf das Gericht die Rechtsgrundlage einfach austauschen? Ja, sagt das OVG. Bei sogenannten „gebundenen Entscheidungen“, wie hier der Entzug bei Nichtteilnahme am Aufbauseminar, darf das Gericht eine andere passende Norm heranziehen, auch wenn die Behörde sie nicht (oder nicht ausschließlich) als tragende Grundlage genannt hat.

Solange sich die Rechtsfolge nicht ändert und kein Ermessen eröffnet ist, bleibt der Verwaltungsakt rechtmäßig. Die Maßnahme wird also nicht „umgedeutet“, sondern rechtlich richtig verortet.

Auch das Argument des Fahrers, es sei viel Zeit vergangen und er sei seit dem Verstoß nicht erneut auffällig geworden, überzeugte das Gericht nicht. Die Verwaltung hatte ihre Entziehungsabsicht über die Jahre mehrfach angekündigt, weshalb kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen konnte.

Zudem sei gerade in der Probezeit eine rasche und klare Sanktionierung Teil des gesetzgeberischen Konzepts – eine Verkehrszuwiderhandlung löst automatisch Maßnahmen aus (§ 2a Abs. 2, 3 StVG), einschließlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 2a Abs. 6 StVG).

Fazit: Wer in der Probezeit auffällig wird, sollte behördliche Auflagen also sehr ernst nehmen – auch wenn die Folgen nicht immer sofort spürbar sind.

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