Fahrverbot und drohende Kündigung

Bei Anordnung eines Fahrverbotes hat das Amtsgericht im Einzelfall zu prüfen, ob sich durch die Verhängung des Fahrverbotes eine erhebliche Härte ergibt, die ein Absehen von diesem Fahrverbot erforderlich macht. Hierbei ist von Bedeutung, dass nur dann von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass der behauptete Arbeitsplatzverlust die unausweichliche Folge des Fahrverbots ist (so schon OLG Hamm, Beschluss vom 29 4. 2004 – Aktenzeichen 4 Ss OWI 256/04). Hieran kann es fehlen, wenn dem Betroffenen zuzumuten ist, dass er beispielsweise durch eine Kombination von verschiedenen Maßnahmen (Urlaub, Benutzung anderer Verkehrsmittel usw.) die Zeit eines Fahrverbots zu überbrücken vermag. Weiterhin ist ihm zuzumuten, für diese zusätzlichen Belastungen notfalls einen Kredit aufzunehmen (vgl. Kammergericht Berlin, VRS 127, Seite 259 – 261). Hinzu kommt bei der Frage, ob ein Verlust des Arbeitsplatzes droht, ob dieser als sichere Folge des Fahrverbots feststeht. Hierfür muss die drohende Kündigung nicht nur behauptet werden, sondern zumindest rechtlich nicht völlig aussichtslos erscheinen. Es ist dem Betroffenen dann zumutbar, sich eine offenkundig unberechtigte arbeitsrechtliche Kündigung gerichtlich zu wehren (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.3.2006 – 2 SS – oh wie 86/06).

So war es auch in einem vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten am 3. 2. 2016 entschiedenen Fall. Es erschien die Kündigung des Betroffenen auf Grundlage des von ihm vorgetragenen Fahrverbotes als von vornherein aussichtslos. Der Betrieb des Betroffenen verfügte ausweislich seines eigenen Vortrags über zahlreiche Mitarbeiter und unterlag der sogenannten Sozialklausel (§ 23 Abs. 1 Satz 2 i. V.m. § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes). Unter Berücksichtigung der dadurch verschärften Anforderungen an eine Kündigung des Arbeitgebers ist zwar anerkannt, dass bei einem Berufskraftfahrer der Entzug der Fahrerlaubnis als Grund für eine Kündigung ausreichend ist. Denn in diesem Fall ist der Arbeitnehmer auf unabsehbare Zeit nicht mehr in der Lage, seine vertragliche Arbeitsleistung zu erbringen. Davon kann aber bei einer lediglich befristeten Hinderung des Arbeitnehmers, zumindest im vorliegenden Fall, nicht die Rede sein. Wenn wenn der Arbeitnehmer das auf einen Monat beschränkte Fahrverbot durch Inanspruchnahme von Urlaub überbrücken kann, kommt eine Kündigung durch den Arbeitgeber, die wiederum Voraussetzung für eine erhebliche Härte wäre, nicht in Betracht. Hinsichtlich einer personenbedingten Kündigung könnte eine solche nur dann Wirksamkeit entfalten und infolgedessen zu einer erheblichen Härte führen, wenn der Arbeitnehmer wegen vergleichbarer Verstöße zuvor bereits arbeitsgerichtlich abgemahnt worden ist.

Dies bedeutet, dass der Amtsrichter als Bußgeldrichter Inzident auch die arbeitsrechtliche Prüfung der behaupteten Kündigung vornehmen muss. Insbesondere die Differenzierung zwischen Verlust der Fahrerlaubnis und dem vorübergehenden Hindernis „Fahrverbot“ sowie die weiterhin bestehende Pflicht zur Vornahme von anderweitigen Maßnahmen ist von dem Gericht in zutreffender Weise zu beachten. Deshalb muss der Richter im Zweifel auch den Arbeitgeber im Wege der Beweiserhebung hinterfragen. Entscheidend ist somit in diesen Fällen, was die Konsequenz eines vierwöchigen Ausfalls für den Betroffenen in arbeitsrechtlicher Hinsicht wäre.