LG Bielefeld: trotz „Fahrerflucht“ keine Entziehung der Fahrerlaubnis

Das Landgericht Bielefeld hat in einer interessanten Entscheidung zum Thema Entziehung der Fahrerlaubnis bei Fahrerflucht (§ 142 StGB) Stellung genommen. In diesem Fall war, trotz Strafbarkeit, der Führerschein NICHT entzogen worden.

Ein Kratzer an der Autotür nach dem Besuch des Supermarktes oder das Bemerken einer Delle, wenn man morgens ins Auto steigen möchte: viele von waren selbst schon einmal davon betroffen. Die Rede ist vom unerlaubten Entfernen vom Unfallort (umgangssprachlich besser bekannt als „Fahrerflucht“ oder „Unfallflucht“). Dass so etwas kein Kavaliersdelikt ist, zeigt das Strafgesetzbuch (§ 142 StGB). So kann unerlaubtes Entfernen vom Unfallort u.a. eine Geldstrafe, eine Freiheitsstrafe oder einen Entzug der Fahrerlaubnis mit Anordnung einer Untersuchung auf Fahreignung (MPU) nach sich ziehen. Dabei hängt die Höhe des Strafmaßes von verschiedenen Faktoren ab. Bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis wird immer auch die Höhe des entstandenen Unfallschadens betrachtet. Es wird beurteilt, ob ein „bedeutender Schaden an fremden Sachen“ (§ 69 StGB) entstanden ist.

Im folgenden Fall kollidierte die Beschuldigte beim Herausfahren aus einer Parkbucht mit einem anderen Pkw. Daraufhin verließ die Beschuldigte den Parkplatz, ohne die erforderlichen Feststellungen zu treffen oder zu ermöglichen. Damit ist der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort erfüllt (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Entgegen des vorangegangenen Beschlusses des Amtsgerichts Bielefeld war das Landgericht jedoch der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs.1 StPO) nicht vorliegen. Das Landgericht hielt die Beschuldigte auch deshalb nicht für ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, weil die Beschuldigte annehmen konnte, dass keine Personen verletzt wurden. Außerdem entstand am anderen Pkw kein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB. Bedeutend ist dabei ein Schaden ab einer Schadenshöhe ab 2.500,00 Euro netto (ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. Beschluss vom 07.11.19, Az. 5 Qs 64/19, LG Nürnberg-Fürth, Az: 5 Qs 23/18, Beschl. v. 04.06.2018).

Weil nur ein geringer Sachschaden unterhalb der genannten Wertgrenze entstand, wurde zwar die Straftat sanktioniert. Allein wegen dieses Umstands aber auch auf eine charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen, befand das LG Bielefeld für nicht rechtmäßig (LG Bielefeld, Az: 10 Qs 51/24, Beschluss v. 02.02.2024).

Wenn auch Sie eine Entziehung der Fahrerlaubnis befürchten, lassen Sie sich unbedingt von einem Fachanwalt für Verkehrsrecht zur weiteren Vorgehensweise beraten.

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